Eine „3“ am Ei heißt nicht „Befriedigend“ sondern „Nicht genügend“!

16.03.2018 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion, Essen & bewusster Konsum, Lebensraum & Nachhaltigkeit

„0“ für Bio, „1“ für Freiland, „2“ für Bodenhaltung. Das kennst du aus dem Supermarkt. „3“ steht für Käfighaltung. Eine „3“ auf dem Ei hast du noch nie gesehen? Das gibt’s ja gar nicht mehr? Ist in Österreich verboten? Tja, wenn du dich da nur nicht täuscht…

 

Käfig: In Österreich verboten – weltweit Standard

Vorneweg: Käfighaltung ist in Österreich tatsächlich verboten. Seit 2009. Einige wenige Betriebe fallen in eine Übergangslösung und halten ihre Legehühner noch bis 2020 in sogenannten ausgestalteten Käfigen. Das sind Käfige mit etwas erhöhtem „Komfort“ und Platzangebot pro Huhn im Vergleich zu den herkömmlichen. Das betrifft mit ca. 61.000 Tieren 1 knappes Prozent der 6,7 Millionen heimischen Hühner. 99 Prozent der Legehennen in unserem Land sind also dem Käfig entkommen. Und jetzt kommt’s: Weltweit ist es genau umgekehrt! Insider schätzen, dass tatsächlich 99 Prozent aller Legehühner weltweit in Käfigen ihrem Eierlegegeschäft nachgehen müssen. Auch in der EU leben die meisten Hühner in Käfigen, wenngleich zumindest in ausgestalteten. Herkömmliche Käfige, die in Österreich und der EU völlig zu Recht als tierquälerische Haltungsform angesehen werden, sind in allen außereuropäischen Produktionsländern nach wie vor absolut Standard!

Insider schätzen, dass tatsächlich 99 Prozent aller Legehühner weltweit in Käfigen ihrem Eierlegegeschäft nachgehen müssen

Das „anonyme Ei“: Vom Käfig unerkannt in deinen Magen?

Österreich und die Schweiz sind tatsächlich die einzigen beiden Länder weltweit, wo Käfighaltung in jeder Form gesetzlich verboten ist. Und du wirst im Supermarkt auch kein Ei mit der bitteren „3“ finden. Kein Frischei! Aber wie sieht es mit dem „anonymen Ei“ aus, das sich in deinem Faschingskrapfen, deinen Nudeln, deinen Saucen und allerlei anderen Fertigprodukten „versteckt“? Aus welchem Land und welcher Haltungsform entstammt dein darin enthaltenes Volleipulver, dein Eigelb, dein Eiweiß? Deine Fertigeierspeise im Gasthaus, das Flüssigei als Bestandteil der Panier deines Schnitzels, das du im großen Einrichtungshaus dir einverleibst: Wo wurde es unter welchen Haltungsbedingungen gelegt? Du weißt es nicht? Ja genau, du weißt es nicht und kannst es im Grunde nicht wissen, es sei denn der Produzent gibt es freiwillig an. Andernfalls müsstest du mit recht hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es einem Käfig entstammt. Ist das nicht ein wenig unbefriedigend? Die Sache mit der „3“ auf dem Ei, das du nicht zu Gesicht, sondern unbemerkt, weil ungekennzeichnet direkt in deinen Magen bekommst? Sollte uns das nicht sauer aufstoßen?

© Mitja Kobal/Greenpeace

Das "anonyme" Käfig-Ei, das du nicht zu Gesicht, sondern unbemerkt in deinen Magen bekommst? Sollte uns das nicht sauer aufstoßen?

Ukrainische Käfigeier?

Stell dir einmal Folgendes vor: In der Ukraine geht eine Legefarm in Produktion, die mehr Hühner in alten Käfigen hält, die in der EU aussortiert, weil verboten wurden, als in ganz Österreich zusammen. Stell dir weiter vor, diese Legefarm wird dank EU- Exportkreditgarantien finanziert, soll heißen, dass sie billige Käfigeier in die EU exportiert, wo diese in Fertigprodukten „verschwinden“. Und jetzt stell dir vor: Genau so läuft es! Ganz schön pervers, nicht wahr? 

Täglich importiert Österreich rund 700.000 Eier, die überwiegend aus illegalen Tierleid-Käfighaltungen der Ukraine, aus Singapur, Indien, Nord- und Südamerika stammen. Jährlich sind es 253 Millionen Eier.

Was kannst du tun?

Schwierig. Da weder Herkunft noch Haltungssystem von Eiern in verarbeiteten Produkten einer Kennzeichnungspflicht unterliegen. Bleiben Produkte von Herstellern, die das freiwillig machen. Da kann ich schon mal einen klaren Produktionsauftrag erteilen, indem ich diese bevorzuge. Hat aber definitiv seine Grenzen, leider. Wir von Land schafft Leben haben uns dazu mal die Situation in einem typischen Supermarkt angeschaut. Bei Mehlspeisen konnten wir bei genau einem einzigen Produkt heimische Herkunft und das Haltungssystem erkennen. Bei Saucen? Fehlanzeige auf der ganzen Linie. Liköre ebenfalls. Erfreulicher stellte sich die Situation immerhin bei Nudeln dar, wo der heimische Marktführer ausschließlich österreichische Eier verwendet.

Aufgepasst: Die Angabe „Hergestellt in Österreich“ oder auch „Ich bin Österreich“ oder dergleichen auf einem Eierprodukt heißt noch lange nicht, dass auch die Eier in Österreich gelegt wurden. Fehlt dieser explizite Hinweis ist sogar eher vom Gegenteil auszugehen.

Das Ei des Kolumbus...

für diese wirklich unbefriedigende Situation kann ich dir heute also leider nicht anbieten. Die heimische Eierbranche, die die unfaire Konkurrenz des anonymen Eis und die schizophrene Situation, die ich als bewusster Konsument vorfinde, ebenfalls seit langem stört, drängt auf eine Kennzeichnungspflicht auch in verarbeiteten Produkten. Ich finde, dass diese Forderung völlig zu Recht erhoben wird und ganz im Sinne des Konsumenten wäre. Vielleicht liegt ihre Erfüllung ja schon im nächsten Osternest?   

Rechtzeitig vor Ostern…

kannst du dir hier auf unserer Webseite ein ganz genaues Bild von der Eierproduktion in Österreich machen. Unsere umfassenden Rechercheergebnisse zum Ei in Text, Bildern und Videos stellen wir ab 23. März online. Dafür waren wir in Ställen aller Haltungsformen, in Brütereien, Futtermühlen, Eieraufschlagwerken und und und; haben Bauern, Tierärzte und Tierschützer genauso gelöchert wie Ernährungsmediziner und Tiertrainer. Um die Entstehung eines Eis im Huhn im Detail zu veranschaulichen, haben wir sogar ein Huhn fachmännisch sezieren lassen. Das Ei, eines der faszinierendsten Lebensmittel überhaupt. Also schau rein!