Geht Ernten helfen, liebe Österreicher!
17.05.2018 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion
Es fehlt an helfenden Händen in den heimischen Obstplantagen und Gemüsefeldern. Österreichs Bauern sehen sich für notwendige saisonale und Ernte-Arbeiten mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert und fordern ein Anheben des Kontingents* für Drittländer. Aus dem zuständigen Sozialministerium verlautet, dass bevorzugt heimische Arbeitskräfte zum Einsatz kommen sollen. Wer einmal vor Ort gesehen hat, wie händischer Pflanzenschutz in einem Bio-Salatfeld betrieben wird, oder was es heißt, Gewürzgurken im sogenannten „Flieger“ liegend zu ernten, der weiß, wie viele Österreicher dafür zu haben sind und wird die Forderung des Sozialministeriums als weltfremden Wunsch entlarven…
Österreichs Obst- und Gemüse-Bauern fehlen dieses Jahr Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer. Die Gründe dafür sind schnell genannt: Waren bis vor einigen Jahren beispielsweise viele polnische Saisoniers und Erntehelfer im Einsatz (dasselbe gilt je nach Region für slowakische oder rumänische) so finden diese mehr und mehr bereits in den jeweiligen Herkunftsländern ähnlich „lukrative“ Jobs. So hat etwa die polnische Apfelbranche auch dank reichlich fließender EU-Gelder seit Jahren mächtig zugelegt.
Wer sich aus diesen Ländern dennoch im „Westen“ verdingt, findet neuerdings in Deutschland ein wesentlich attraktiveres „Zielland“. Weil unser großer Nachbar seit heuer einen Mindeststundenlohn von 9,50 Euro für landwirtschaftliche Hilfskräfte gesetzlich vorschreibt. Nur unfall-, nicht aber pensions- und sozialversichert, bleibt dem Saisonarbeiter im Vergleich zu Österreich mehr Netto vom Brutto. Hierzulande nämlich verdient ein Saisonier im Schnitt nur 6,50 Euro in der Stunde und ist dafür „voll versichert“, was ihm aber eher nur theoretischen Benefit einträgt, weil er zwar beispielsweise in die Pensionsvorsorge einzahlt, aber in der Praxis keine Pensionsansprüche geltend wird machen können. Seinem Arbeitgeber jedenfalls kostet er mit durchschnittlichen Lohnkosten von 13 Euro pro Stunde deutlich mehr als in Deutschland.
Nun arbeitet aber abgesehen vom Bauern und seinen Familie seit vielen Jahren so gut wie kein Österreicher in den heimischen Plantagen, Feldern und Äckern
Weil das so ist und weil es deshalb verständlich ist, dass nicht wenige Saisoniers einen Bogen um Österreich machen und in Deutschland anheuern, wollen unsere Bauern die dadurch entstandene Lücke mit Arbeitskräften aus Drittländern, vor allem aus der Ukraine und dem Kosovo füllen. Die von der Politik in Aussicht gestellte Kontingentsanhebung bleibt aber, nach Auskunft der Landwirtschaftskammern bislang aus. Stattdessen sollen vermehrt heimische Arbeitswillige zum Einsatz kommen, heißt es vonseiten des zuständigen Sozialministeriums. Nun arbeitet aber abgesehen vom Bauern und seiner Familie seit vielen Jahren so gut wie kein Österreicher in den heimischen Plantagen, Feldern und Äckern. Österreichs Obst- und Gemüsebranche ist auf Gedeih und Verderb auf fleißige, ausdauernde, hart arbeitende, bei Sonne, Regen, Wind und Wetter verlässliche ausländische Hände angewiesen. Projekte der Landwirtschaftskammer bzw. von Einzelbetrieben in Zusammenarbeit mit dem AMS mit dem Ziel heimische Arbeitslose für diese Aufgaben zu gewinnen, waren nur von äußerst mäßigem Erfolg gekrönt, wie mir einige Bauern berichten. Der durchschnittliche Österreicher sei einfach nicht bereit sich „den Arsch aufzureißen“ für vergleichsweise wenig Geld. Mehr Erfolg zeitigen da schon Bemühungen, Asylwerber in diese Arbeitsprozesse zu integrieren. Auch hierbei arbeitet beispielsweise die Landwirtschaftskammer Oberösterreich mit dem AMS zusammen.
Österreichs Obst- und Gemüsebranche ist auf Gedeih und Verderb auf fleißige, ausdauernde, hart arbeitende, bei Sonne, Regen, Wind und Wetter verlässliche ausländische Hände angewiesen
Die gegenwärtige Situation zeigt einmal mehr sehr schön, wie wenig die hohe Politik und wohl auch der Mann, die Frau von der Straße wissen, wie es in der heimischen Landwirtschaft „zugeht“. Wer hier was macht, welche Probleme hier wie gemeistert werden. Unsere Läden sind voll, unsere Mägen auch, Lebensmittel im Überfluss zu immer günstigeren Preisen. Ich meine, dass ein Fall wie der aktuelle Saisonarbeitskräfte-Engpass Anlass genug wäre, sich den einen oder anderen Gedanken zu machen.
* Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz erlässt jedes Jahr Verordnungen, die zahlenmäßige Kontingente für die zeitlich befristete Zulassung von Saisoniers in der Land- und Forstwirtschaft sowie die kurzfristige Zulassung ausländischer Erntehelfer aus Nicht EU-Staaten regeln.