Killer-Kühe?
14.06.2017 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion, Lebensraum & Nachhaltigkeit
Sommerzeit, Wanderzeit. Herr und Frau und Familie Stadtratte fliehen wieder in Scharen aus den Betondschungels in die klare alpine Höhenluft. Eine kurze Rast in der urigen Alm zum Krafttanken. Ein Glas echter Kuhmilch oder noch echterem, weil stinkenderem Käse – hmmm das schmeckt! Dankbar wird der edlen Milchspenderin gedacht.
Beim Nachhauseweg dann die zweite Begegnung mit der Kuh. Die unangenehme. Die leibhaftige. Da steht sie mitten in der Weide, die der Wanderweg quert. Und sie steht nicht allein. Schließlich ist die Kuh ein Herdentier. Schon das Warntaferl vorher ließ die Stimmung schlagartig sinken: „Achtung weidende Kühe!“
Kühe als reale Gefahr?
Dieses „Achtung“ ist ernst zu nehmen. Kühe, vor allem Kälber führende und Jungtiere, bergen ein gewisses Risiko. Kühe sind neugierig und vor allem Jungtiere auch verspielt. Mutterkühe sind auf den Schutz ihrer Kälber bedacht. Will ein Wanderskind ein Kalb streicheln, kann es leicht von einer Mutterkuh als Bedrohung eingeschätzt werden. Ist einmal der Beschützerinstinkt der Mutterkuh geweckt, ist Vorsicht geboten bzw. unverzüglicher, aber geordneter „Rückzug“. Soweit sollte es aber gar nicht erst kommen. Abstand halten ist das beste Rezept.
Kühe sind per se keine Streicheltiere. Und sie sind es heutzutage immer weniger. Das hängt mit geänderten Haltungsbedingungen zusammen. Immer mehr Kühe werden in Laufställen groß und sind der menschlichen Hand dadurch zusehends entwöhnt. Mutterkuh-Haltung mit Weidegang boomt, weil sie artgerecht ist. Fleisch aus dieser Haltungsform wird zurecht als Premiumfleisch vom Konsumenten nachgefragt. Derselbe Konsument aber, der dies fordert ist dann vielleicht zumindest kurzfristig überfordert angesichts einer Mutterkuhherde.
Kälber streicheln? Ein Privileg für Bauernkinder
Um die Kirche im Dorf zu lassen: Auch Mutterkuhherden sind keine Gefahrenquelle per se. Wenn es gefährlich wird, hat so gut wie immer der Mensch einen Fehler begangen. Und so gut wie immer legt sich die Gefahr schnell wieder, wenn Mensch richtig reagiert. Eine Kuh greift in aller Regel nicht unvermittelt an. Viel eher wird sie durch Drohgebärden, wie das Senken des Kopfes oder rasches Annähern, zuerst Warnsignale geben. Auf diese ist dann allerdings unverzüglich zu reagieren.
Eine Kuh ist KEIN Streicheltier - Auch das Kalb nicht!
Gefahrenquelle Nummer eins: des Menschen bester Freund
Die ganz wenigen tödlich endenden Kuhunfälle der vergangenen Jahre zeigen alle dasselbe Muster und haben ein Element gemeinsam: den Hund. Ob Hund oder Wolf, das ist dem Instinktwesen Kuh einerlei. Dieses bellende, vielleicht sogar zuschnappende Element bedeutet Gefahr. Und die mutigeren, aggressiveren unter den Wiederkäuern, vor allem aber ihr Kälber schützen wollende Muttertiere agieren dann schon mal nach dem Grundsatz, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Und dann ist wirklich Feuer am Dach.
Was lustig aussieht ist es nicht. Kuh und Hund - eine explosive Kombination.
Hunde sind daher selbstredend angeleint zu führen. Notorische Kläffer empfehle ich auf garantiert weiderindfreie Spaziergänge mitzunehmen. An der Leine also und mit Respektabstand. Wird dieser nicht eingehalten oder nähert sich eine oder mehrere Kühe dann, warum auch immer, doch einmal in bedrohlicher Weise an, dann und erst dann! ist der Hund abzuleinen. Die Kühe werden auf den ohnehin schnelleren Hund losgehen und der Hundebesitzer ist raus aus der unmittelbaren Gefahrenzone.