Verschwendung von Lebensmitteln – Wir haben es in der Hand
17.09.2020 / Lebensraum & Nachhaltigkeit, Essen & bewusster Konsum, Ernährung & Gesundheit
Es war einmal eine Zeit, da dachte ich, nur beschädigte, fleckige Lebensmittel werden zu
Lebensmittelabfällen. Doch tragischerweise sind ein Großteil der Lebensmittel, die
verschwendet werden, wunderschöne, unbeschädigte Lebensmittel, die nur zur falschen Zeit
am falschen Ort waren: Wassermelonen, die erst reif wurden, wenn bei uns die
Sommerferien vorbei sind, Erdbeeren, die alle zur gleichen Zeit reif werden und es nicht ins
Regal schaffen. Himbeeren, die in der großen Packung günstiger waren als die in der
kleinen Packung. Avocados, die das Standardgewicht und die Standardgröße für
Pro-Stück-Verkauf nicht erreicht haben oder die zuhause niemand mehr essen will,
nachdem die Gäste nach dem Brunch gegangen sind.
Lebensmittelverschwendung geht uns alle an
Die größte Herausforderung bei Lebensmittelverschwendung im Haushalt ist, dass wir sie
nicht wirklich wahrnehmen. Wir alle denken, der eine Apfel, das halbe Joghurt machen das
Kraut nicht fett. “Aber auch Kleinvieh macht Mist.” Und so wirft jeder Haushalt in Österreich
im Durchschnitt 300 € pro Jahr weg. In Europa werden rund 20 % der Lebensmittel, die für
die menschliche Ernährung produziert werden, weggeworfen. Lebensmittel werden entlang
der gesamten Wertschöpfungskette verschwendet und 30 % davon fällt auf den Haushalt.
Unvorstellbar, wenn man sich überlegt: Beim samstäglichen Familieneinkauf werden drei
Einkaufstaschen eingekauft und gleich einer am Parkplatz entsorgt. Diese 95-110 kg pro
Person und Jahr landen aber natürlich nicht frisch aus dem Lebensmittelgeschäft im Müll,
sondern langsam schleicht das eine Drittel in den Mistkübel. Zum Teil als Tellerspeisereste,
zum Teil als undefinierte Eisklumpen aus der Gefriertruhe, als in der Schultasche
vergessene Jause, originalverpackte Waren, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten
haben, und viele weitere Gründe.
Genau hinschauen gegen Lebensmittelverschwendung
Wie bei allen Problemen trifft es auch bei Lebensmittelverschwendung zu, dass wir es erst
lösen können, wenn wir es wahrnehmen. Daher ist Bewusstmachen so wichtig. In den
letzten Jahren hat sich da sehr viel in Österreich getan.
Was können wir selbst tun?
Challenges zuhause, im Büro oder in der Schule können uns wirklich helfen, die Augen zu
öffnen. So kann man zum Beispiel eine Woche lang ein Wegwerftagebuch führen und alles
aufschreiben, was im Müll landet, oder auch wirklich einen Kübel für Lebensmittelabfälle für
eine Woche in die Küche stellen. Dann sieht man das stinkige Ergebnis direkt vor sich liegen
;-)
Wir bei Zero Waste Austria werden immer wieder von Unternehmen oder Schulen für unsere
Zero Food Waste Workshops gebucht, für die wir neben vielen Tipps und Tricks auch immer
unsere Wurmkiste mit Sichtfenster mitnehmen. Denn alles, was nicht vermieden werden
konnte und nicht gekocht oder gewürzt ist, lieben die kleinen Würmer.
Die Top 10 Gründe für Lebensmittelverschwendung und wie wir sie vermeiden können
Lebensmittelabfälle in der gesamten Wertschöpfungskette wie auch im Haushalt haben viele
verschiedene Gründe, und so vielseitig sind auch die Lösungen zur Vermeidung dieser
Abfälle. Bei welchem Grund fühlst du dich am meisten angesprochen?
- Überblick über die Vorräte → Kochplan erstellen und daran halten ;-)
- Zu viel eingekauft → mit Einkaufsliste einkaufen und daran halten ;-)
- Zu viel gekocht, serviert … → Mengen anpassen und oder einfrieren, Love you leftovers (Herz)
- Ideenlosigkeit beim Kochen mit unterschiedlichen Zutaten → kreative Restlrezepte ausprobieren
- Suboptimale Lagerung → Viele Früchte sollten am besten im Kühlschrank aufbewahrt werden, im Kühlschrank die neuen Lebensmittel hinten einsortieren, eine Ecke im Kühlschrank für Produkte, die bald verwertet werden sollen, einrichten
- Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten → mit allen Sinnen (Reihenfolge: Sehen, Riechen, Schmecken) überprüfen, bevor es im Müll landet. Joghurt kann etwa bis zu sechs Monate nach dem MHD noch gut sein.
- Fehlendes Wissen über Einkochmöglichkeiten → Marmeladen, Kompott sind im Handumdrehen in kleinen Mengen gemacht (Blitzmarmelade gelingt auch mit nur einer Handvoll Obst).
- Fehlendes Bewusstsein über Auswirkungen von Lebensmittelverschwendung → über Lebensmittelverschwendung lesen und reden
Meine persönlichen Top Tipps gegen Lebensmittelverschwendung
Vorausplanen, Essensplan und Shoppingliste
Der Tipp mit dem größten Benefit für mich ist auf jeden Fall, einen groben Essensplan mit
angehängter Einkaufsliste zu erstellen. Ich gebe zu, meine gesamte Persönlichkeit sträubt
sich dagegen, allzu viele Listen zu schreiben und sich an sie zu halten, aber ehrlich gesagt
macht es mein Leben so viel einfacher. Ich werde damit belohnt, unter der Woche weniger
Entscheidung treffen zu müssen (zumindest in der Küche ;-)), und als berufstätige Mutter
von zwei Kindern ist das ganz schon viel wert.
Wir schaffen es nicht immer, aber im Idealfall setzen wir uns am Sonntag zu einem kurzen
Familientreffen zusammen und lassen die Woche Revue passieren. Jeder darf Wünsche für
die nächste Woche anmerken und sich etwas für den Essensplan wünschen. Dafür haben
wir Magnete auf dem Kühlschrank. Mein Mann und ich verwenden eine Shoppinglist-App
(Our Groceries Shopping List), die den Vorteil hat, dass wir beide immer die Liste dabei
haben und sie ergänzen können.
Love your Leftovers
Reste essen ist ein Luxus, wenn richtig gelagert. Ich arbeite meistens von zuhause, und
wenn ich im Büro bin, nehme ich mir immer mein Mittagessen mit. Da ich mir normalerweise
keine ganze Stunde Mittagspause gönne, muss es schnell gehen. Fast immer kann ich da
auf Restlessen zurückgreifen. Was mich zur wahren Restlliebhaberin gemacht hat, sind die
Glascontainer, die wir vor einigen Jahren angeschafft haben. In ihnen kann man Reste gut
portionieren, sie sehen appetitlich aus und sind wirklich dicht, wenn ich sie ins Büro
mitnehme. So freue ich mich schon oft auf meinen Getreidesalat oder die Bohnen für einen
schnellen Wrap zum Mittagessen.
Lebensmittel-Reanimation
Ich liebe ein frisches Brot oder Weckerl zum Frühstück, aber bei Brot ist es manchmal eine
Herausforderung, nicht zu viel und nicht zu wenig zu kaufen. Ist das Brot mal ein paar Tage
alt, hält sich die Begeisterung am Frühstückstisch in Grenzen. Da wirken ein Toaster und ein
bisschen Wasser oft Wunder. Ich schneide das Brot oder Weckerl in Scheiben oder die
Hälfte, halte es ganz, ganz kurz unter den Wasserhahn und gebe dann das feuchte Brot in
den Toaster. Das Brot braucht dann ein bisschen länger im Toaster als gewöhnlich, aber
wenn richtig “getimt”, ist es so resch wie frisch vom Bäcker. Sollte einmal ein Brot so hart
geworden sein, dass man es nicht mehr schneiden kann, gibt es auch noch eine Lösung vor
dem Mülleimer: Das Brot entweder anfeuchten und im Backrohr aufbacken oder das Brot in
einen Kochtopf geben, den Boden mit Wasser bedecken und den Deckel drauf, bis das
Wasser verdampft ist. Danach kann man das Brot wieder schneiden :-)
Ich liebe Salat, aber manchmal bin ich zu faul, ihn zu waschen und rechtzeitig zu essen, und
nach einigen Tagen im Kühlschrank ist er sehr schlapp. Vor kurzem habe ich diesen Trick
entdeckt und bin jedes Mal erstaunt, wie gut er funktioniert: Ich wasche den Salat und gebe
ihn mit kaltem Wasser in eine Schüssel. Dann lege ich noch richtig viele Eiswürfel ins
Wasser und warte gut eine halbe Stunde. Danach ist der Salat so knackig und frisch wie
frisch vom Feld. Sollte ich nicht den ganzen Salat gleich aufessen, wickle ich die Salatblätter
in ein Geschirrtuch. So bleibt der Salat noch einige Tage wirklich knackig.
Weiterführende Informationen von Land schafft Leben:
Factsheet zur Lebensmittelverschwendung:In diesem Dokument findest Du wichtige Daten und Fakten zum Thema Lebensmittelverschwendung: Download
Mehr zum Thema Lebensmittelverschweundung findest du hier:
Hintergrundbericht: Vom (Über-)Lebensmittel zum Wegwerfprodukt
Brot im Fokus: Lebensmittelverschwendung