Warum boomen Tomaten und der Apfelkonsum geht zurück?
29.09.2016 / Essen & bewusster Konsum, Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion
Bei einer international hochrangig besetzten Podiumsdiskussion ging es um folgendes Thema: Warum stagniert der Apfelkonsum in Europa und warum steigt der Konsum bei Tomaten kontinuierlich an?
Viele Argumente wurden eingebracht, viele Thesen vorgestellt und wieder von anderen Teilnehmern widerlegt.
Bis ein geschätzter Kollege aus den USA in einer kleinen und unscheinbaren Statistik aufzeigte, dass es nach seinen Erhebungen eine Korrelation von Sortenvielfalt und Konsumzunahme gibt. Er stellte dar, dass wir im weltweiten Apfelhandel eine Handvoll Sorten vertreiben, die jedem im Handel geläufig sind. Wir können davon ausgehen, dass fast alle in der Produktion, in der Bearbeitung, in der Logistik und im Vertrieb gut damit umgehen können. Warum sollen wir etwas verändern, wenn wir die bisherige Situation so zu sagen „im kleinen Finger“ haben.
Obendrein hat es schon bei der Großmutter geheißen: gegessen wird, was auf den Tisch kommt – bei uns im weiteren Sinne: Gegessen wird, was im Regal liegt.
Wir vergessen zu oft aus Bequemlichkeit, dass Essen auch etwas mit Lust, Freude, Genuss, Versuchung, manchmal auch beinahe mit sündhaften Verhalten zu tun hat. Es dient nicht nur der Aufnahme lebensnotwendiger Nährstoffe und Spurenelemente.
Gegessen wird, was auf den (Laden-)Tisch kommt? Das war einmal...
Ich konnte den Ausführungen des Kollegen sehr gut folgen: letzte Woche Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn, letztes Monat Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn, voriges Jahr, vor zwei Jahren und im Jahr davor ebenfalls Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn. Die Abwechslung besteht einmal gelegt im Karton und einmal in der Packung.
Sogar die saisonalen Schwankungen werden über den globalen Markt ausgeglichen.
Voriges Jahr, vor zwei Jahren und im Jahr davor ebenfalls Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn
Wo liegt der Unterschied zu Tomaten?
Kaum jemand kennt eine Sorte genau beim Namen. Fast jeder kennt seine Lieblingstomate. Der eine die großen Rispen, der andere die kleinen Rispen, der eine die fleischigen Tomaten, der andere die Cherry-Tomaten, der eine die helleren, der andere die dunkleren. Fast jeder kennt obendrein als Geheimtipp „seine“ Filiale eines Supermarktes, wo die Gemüseverantwortlichen von der Eingangskontrolle bis zur Regalpflege anscheinend den Job besser verstehen als „alle anderen auf der Welt“. Wenn die Lieblingstomate von der Vegetation her zu Ende ist, dann gibt es sie eben wieder nächste Saison.
Da sieht das Tomatenangebot schon deutlich bunter und vielfältiger aus
Ich habe mich nach all den Impressionen zurückgelehnt und die Eindrücke nochmals für mich „sortiert“.
Zusatz: (wir haben den Autor gebeten seine zentrale Aussage noch einmal an einem konkreten Beispiel zu veranschaulichen)
Ich gehe jede Woche "dienstlich" einmal (jeweils donnerstags) in eine Filiale von jedem der vier großen im Lebensmitteleinzelhandel. Letzte Woche war es zum Beispiel so, dass Standard-Tomaten je Kilo einen Preis von € 1,39 hatten. Mindestens so viele Packungen waren mit Tomaten-Besonderheiten im Regal mit einem Kilopreis von € 6,- bis 9,- je Kilo (umgerechnet). Kein Mensch regt sich auf, dass "Datteltomaten", Kirschtomaten oder Raritäten das sechsfache von Standard-Tomaten kosten. Niemand spricht in diesem Zusammenhang von unerschwinglichen Preisen für Mindestrentner, Alleinerzieherinnen oder Ausgleichszulagenempfänger, die sich diese Tomaten angeblich nicht leisten können. Ich habe fünf Minuten unauffällig zugesehen, es haben mindestens gleich viele Mindestpreis- wie 8-Euro-Tomaten den Besitzer gewechselt.
Meine Überzeugung ist bestätigt: Es liegt nicht am Preis, es liegt an der Kunst des Verkaufens. Es liegt nicht am Endpreis, es liegt an der Verteilung innerhalb der Wertschöpfungskette.
Fritz Prem
Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.fruchtportal.de