Neue Studie: heimische Landwirtschaft mit verbesserter Klima-Effizienz

14.10.2022

Die österreichische Landwirtschaft liefert heute mehr Lebensmittel mit weniger Ressourceneinsatz. Dies gilt auch für die tierische Produktion. Insgesamt hat sich dadurch der Treibhausgasausstoß deutlich reduziert. Bewertet man zudem das Klimagas Methan neu, wie vom Weltklimarat vorgeschlagen, dann liegt der Klimafußabdruck von Milch und Rindfleisch aus Österreich 50 bzw. 40 Prozent unterhalb gängiger Betrachtungsweisen. BOKU-Forscher Werner Zollitsch erklärt die Zusammenhänge im neuen Land schafft Leben-Podcast.

„Wir haben immer Milch produziert“, sagt Werner Zollitsch, Nutztierwissenschafter von der BOKU im aktuellen Podcast mit Maria Fanninger, Vorstand des Vereins Land schafft Leben. Damit spielt der Leiter des Zentrums für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit auf die Bedeutung der Milchwirtschaft im Alpenraum an. Diese steht, wie die Landwirtschaft als Ganzes, im Spannungsfeld zwischen nachhaltiger und tiergerechter Nutzung natürlicher Ressourcen und der ökonomischen Notwendigkeit, effizient zu produzieren. Dabei muss dies nicht grundsätzlich im Widerspruch zueinanderstehen. Bei der Bewertung landwirtschaftlichen Handelns müssen Klimaschutz, Ernährung, Biodiversität, Tierwohl und andere Aspekte gemeinsam bedacht und Zielkonflikte angesprochen werden. „In der öffentlichen Diskussion ist es schwierig, der Komplexität des Nachhaltigkeitsbegriffs gerecht zu werden“, stellt Zollitsch fest.

BOKU-Studie: Mehr Effizienz führt zu weniger Treibhausgasen

Zur differenzierenden Betrachtung regt auch eine neue BOKU-Studie an, in der Hauptautor Stefan Hörtenhuber und sein Team den Klima-Nutzen einer effizienter werdenden Landwirtschaft unter anderem am Beispiel Milch aufzeigen. Jedes Rind stößt natürlicherweise das klimaschädliche Methan-Gas aus, das in seinem Verdauungstrakt entsteht. Dabei gilt: je mehr Rinder, desto mehr Methan.

In Österreich ist die Zahl der Milchkühe deutlich zurückgegangen – laut Studie um 42 Prozent zwischen 1990 und 2019. Im selben Zeitraum hat sich die durchschnittliche jährliche Milchleistung pro Kuh von 3.800 auf 7.200 Kilogramm erhöht, ebenso die insgesamt gelieferte Milchmenge. Diese verbesserte Produktionseffizienz schlägt sich in einem um 32 Prozent reduzierten Ausstoß an Treibhausgasen nieder. Dies verdeutlicht: Hinter dem Begriff „Effizienz“ kann Klimaschutz stehen. Und zwar in Form einer Landwirtschaft, die gegebene Ressourcen, zu denen in Österreich auch die reichlich vorhandenen Wiesen und Weiden zählen, optimal nutzt, ohne zu übernutzen. Mit anderen Worten: die sowohl ökonomisch als auch ökologisch effizient wirtschaftet.

Ein zusätzlicher Maßstab für Methan

Über die Rolle des Methans wird aktuell kontrovers diskutiert. Jüngst hat der Weltklimarat IPCC vorgeschlagen, einen zusätzlichen Bewertungsmaßstab  anzulegen, um die tatsächliche Klimawirkung des Treibhausgases besser abzubilden. Dies haben die BOKU-Forschenden im zweiten Teil der Studie getan. Es zeigte sich, dass der Klimafußabdruck eines Liters österreichischer Milch mit dem neuen Maßstab gerechnet bei 0,5 kg sogenannter CO2-Erwärmungs-Äquivalente liegt, statt 1 kg CO2-Äquivalenten wie bei aktuell üblicher Betrachtung. Der von Rindfleisch kommt demnach auf 8,6 statt 14,5 kg.

Hintergrund: Methan baut sich in der Atmosphäre relativ schnell zu CO2 ab. Dies wird bei grünlandgebundener Rinderhaltung erneut von Gräsern und Kräutern aufgenommen und verbleibt im Kreislauf. Für das Methan bedeutet das, dass konstant hohe Emissionen keine zusätzliche Klimaerwärmung verursachen. Rückläufige oder steigende Emissionen beeinflussen die Temperatur dagegen unmittelbar. „Die österreichische Landwirtschaft hat eigentlich zu einer Netto-Abkühlung beigetragen“, sagt Werner Zollitsch im Podcast. Gleichzeitig gibt Erstautor Hörtenhuber aber zu bedenken: „Der zusätzliche Bewertungsmaßstab ist kein Freibrief für Methan. Allerdings bildet er den Nutzen effizienterer Produktion besser ab.“

Wer dem Vorschlag des IPCC und der BOKU-Forschenden folgt, muss Methan künftig differenzierter betrachten:  als unvermeidlichen Teil einer standortgerechten Haltung und Fütterung von Wiederkäuern, die eine Nutzung unserer Flächen und eine nachhaltige Lebensmittelversorgung ermöglichen. Sein Ausstoß muss insgesamt betrachtet weiter reduziert werden. Keinesfalls darf Methan aber vom viel größeren Problem ablenken: der Verbrennung von fossilem CO2, das die Atmosphäre über sehr lange Zeiträume erwärmt.

 

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