Tonne – Tafel – Teller: Lebensmitteln eine zweite Chance geben

27.09.2024 / Essen & bewusster Konsum

Am 29. September ist Tag gegen Lebensmittelverschwendung. Ein Tag, der uns nicht nur daran erinnert, wie viele Lebensmittel tagtäglich im Müll entsorgt werden, sondern auch einen Anreiz geben soll, gegen genau dieses Problem vorzugehen. Alexandra Gruber, Geschäftsführerin der Tafel Österreich, verrät uns im Interview ihre Tipps und warum die Tätigkeit von Tafeln in diesem Zusammenhang so wichtig ist.

 

Land schafft Leben: Die Tafel Österreich, ehemals Wiener Tafel, ist die älteste und größte Tafel Österreichs. Was ist eure Mission?

Alexandra Gruber: Einerseits die kostenfreie Versorgung armutsbetroffener Menschen in Sozialeinrichtungen mit geretteten Lebensmitteln aus allen Stufen der Wertschöpfungskette. Andererseits die allgemeine Bewusstseinsbildung gegen Armut, Hunger und Lebensmittelverschwendung. Diese beiden Missionen greifen natürlich auch oft ineinander.

 

Land schafft Leben: Die Tafel Österreich hat dieses Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. Wie viele Lebensmittel konnten in diesem Vierteljahrhundert Arbeit bereits gerettet werden?

Alexandra Gruber: Im September haben wir zehn Millionen Kilogramm gerettete Lebensmittel geknackt. Das sind grob 20 Millionen Mahlzeiten und auch mindestens 20 Millionen Kilogramm CO2-Äquivalente, die dadurch eingespart werden konnten.

 

Land schafft Leben: Mit welchen Herausforderungen habt ihr als gemeinnütziger, ehrenamtlicher Verein zu kämpfen?

Alexandra Gruber: Die Abholung aus den Supermärkten ist über die Jahre deutlich zurückgegangen, weil in den Filialen mittlerweile viel getan wird, um weniger Lebensmittel wegschmeißen zu müssen. Deswegen fokussieren wir uns jetzt auf die erste Stufe der Wertschöpfungskette – die Landwirtschaft – und retten Frischware, die zum Beispiel einfach am Acker liegen bleiben würden. Diese Lebensmittel so rasch wie möglich, gegebenenfalls mit Waschen und Verpacken, österreichweit zu verteilen, ist eine unserer größten Herausforderungen aktuell.

 

Land schafft Leben: In Österreich landen pro Jahr etwa eine Million Tonnen Lebensmittel in der Tonne. Welche Produkte werden eurer Erfahrung nach am häufigsten entsorgt?

Alexandra Gruber: Brot und Gebäck sind da immer noch die Nummer eins, Obst und Gemüse kommen gleich dahinter. Ein neues, großes Potenzial für uns als Tafel ist Fleisch. Das ist ein Thema, an das sich bisher keiner in Punkto Lebensmittelrettung so richtig herangetraut hat, weil das einfach sehr heikle Lebensmittel sind. Da schauen wir aktuell, wie wir das künftig angehen können, um diesen Produkten mehr Wertschätzung zu zeigen. 

Land schafft Leben: Obwohl die meisten es vermutlich anders erwarten, sind die Privathaushalte die größten Verschwender – mehr als die Hälfte aller vermeidbaren Lebensmittelabfälle fallen bei uns zuhause an. Hast du Tipps, was man als Einzelperson dagegen tun kann?

Alexandra Gruber: Oft fehlt es an Wissen. Welche Lebensmittel muss ich wie lagern? Wie räume ich den Kühlschrank richtig ein? Das Thema Mindesthaltbarkeitsdatum ist immer präsent, deshalb regen wir stets dazu an, sich mehr auf die eigene Sensorik zu verlassen. Aber auch beim Besuch von Veranstaltungen kann man etwas tun: Sich rechtzeitig abmelden, falls man nicht teilnehmen kann, damit das Catering die Menge besser planen kann. Oder am Ende des Events einfach nachfragen, ob man übriggebliebenes Essen mit nach Hause nehmen darf. Es gibt viele Möglichkeiten, als Privatperson mit gutem Beispiel voranzugehen.

 

Land schafft Leben: Warum ist der Tag gegen Lebensmittelverschwendung wichtig?

Alexandra Gruber: Um den Menschen das Problem Lebensmittelverschwendung bewusster zu machen. Rund zwölf Prozent der Bevölkerung in Österreich leiden an Ernährungsarmut, das bedeutet, sie müssen an Qualität und Quantität ihrer Mahlzeiten sparen. Vier Prozent müssen sogar ganze Mahlzeiten weglassen. Lebensmittelverschwendung ist also nicht nur klima- und ressourcentechnisch kritisch, sondern auch aus ethischen Gründen. Durch unsere Tätigkeit als Tafel können wir einen Ausgleich schaffen. Man darf aber nicht vergessen, dass es trotzdem jede und jeder von uns in der Hand hat, etwas zur Verbesserung beizutragen.

 

In diesem Sinne: Viel Erfolg beim Lebensmittelretten – egal ob zuhause oder ehrenamtlich bei der Tafel.

 

Wenn du mehr über das Thema Lebensmittelverschwendung allgemein erfahren willst, dann findest du hier unseren dazugehörigen Report.

Und übrigens, Alexandra Gruber war bereits Gast bei unserem Podcast „Wer nichts weiß, muss alles essen“. Hör rein!

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