Gibt es genügend heimisches Fleisch für die Gastronomie?

22.11.2024 / Essen & bewusster Konsum

Manfred Kröswang ist Lebensmittelgroßhändler aus Oberösterreich. Etwa 15.000 Hotel- und Gastronomiebetriebe aus Österreich und Süddeutschland zählen zu seiner Kundschaft. Welche Rolle Regionalität vor allem beim Fleischsortiment der Firma Kröswang spielt, hat er Hannes Royer im Podcast „Wer nichts weiß, muss alles essen“ erzählt. Hier ein kleiner Einblick.

 

Hannes Royer: Manfred, die Firma Kröswang gibt es jetzt mittlerweile seit 50 Jahren. Welche Rolle spielt Österreich in deinem Unternehmen?

Manfred Kröswang: Wir sind ein österreichischer Familienbetrieb. Auch unsere Produzenten sind größtenteils heimische Familienbetriebe. Der Österreich-Faktor ist uns aber auch vor allem bei unseren Produkten wichtig. Wir beziehen mittlerweile zwei Drittel unseres Sortiments aus Österreich. Bei frischem Schweine- und Rindfleisch haben wir ausschließlich österreichische Ware.

 

Hannes Royer:  Zu eurem Firmenjubiläum dieses Jahr habt ihr „Zeit für Fleisch. Aus Österreich.“ ins Leben gerufen. Was ist das Ziel dieser Initiative?

Manfred Kröswang: Wir propagieren nicht, dass die Leute mehr Fleisch essen sollen, sondern wollen vermitteln: Wenn ihr Fleisch esst, dann schaut, wo es herkommt. Statt jeden Tag Fleisch zu essen, gebt ein bisschen mehr für heimisches Fleisch aus. Da bleibt die Wertschöpfung auch im Land. Wir wollen, dass die Gastronominnen und Gastronomen nicht mehr sagen können: „Ich würde ja gern mehr österreichisches Fleisch anbieten, aber ich weiß nicht, wo ich es herbekomme.“  Heute können unsere Kunden aus über 500 Frischfleischartikeln aus Österreich wählen, wenn sie das wollen.

 

Hannes Royer: War das wirklich eine Herausforderung, dass zu gewissen Zeiten österreichische Produkte nicht verfügbar waren?

Manfred Kröswang: Ich behaupte, dass auch vor zehn Jahren schon ausreichend österreichische Ware da war. Aber beim Großhandel hat es immer wieder Probleme mit der Verfügbarkeit gegeben. Wir haben deshalb zwei Dinge gemacht: Wir haben uns mit den größten Produzenten in Österreich zusammengetan und außerdem unser großes Frische-Zentrallager in Grieskirchen gebaut. Durch diese zwei Maßnahmen können wir die Ware direkt von den Produzenten beziehen und auch just in time verteilen.

Manfred Kröswang im Gespräch mit Hannes Royer (c) Land schafft Leben

 

Hannes Royer: Trotzdem hört man immer wieder aus der Gastronomie, dass zum Beispiel die Qualität des österreichischen Rindfleischs nicht mithalten kann und deswegen auf Steaks aus Südamerika zurückgegriffen wird. Was ist deine Meinung dazu?

Manfred Kröswang: Ich glaube, dass das teilweise vorgeschobene Argumente sind, weil Ware aus Südamerika von den Produktionsbedingungen her einfach günstiger ist. Und natürlich kann ich leichter argumentieren, indem ich sage „Ich finde die Qualität besser“, als wenn ich sage „Ich möchte nicht so viel bezahlen.“ Wir haben uns entschieden, diese Ware nicht mehr in unserem Sortiment zu führen. Das war eine Herausforderung, weil es um große Umsatzzahlen gegangen ist, aber nur so kann man eine Positionierung schaffen.

 

Hannes Royer: Wie groß sind die Preisunterschiede zwischen österreichischem Fleisch und Fleisch aus dem Ausland?

Manfred Kröswang: Beim Schweinefleisch ist der Unterschied zur dänischen oder deutschen Ware nicht ganz so groß, das sind vielleicht zehn Cent pro Portion, die es den Gastronomiebetrieb mehr kostet. Bei Rindfleisch sind es etwa 30 bis 40 Cent – je nach Produkt. Beim Geflügel ist es schon etwas komplexer. Da hat man Preisunterschiede von ungefähr einem Euro auf die Portion.

 

Hannes Royer: Und viele eurer Kundinnen und Kunden sind offensichtlich bereit, den etwas höheren Preis zu bezahlen. Wie könnt ihr sie davon überzeugen?

Manfred Kröswang: Die Geschichte hinter dem Produkt muss passen. Man muss nicht der billigste sein, sondern man muss zeigen, dass die Preise fair sind. Die Leute wollen Transparenz, sie wollen wissen, was sie essen. Wenn die Gastronominnen und Gastronomen den Mehrwert von österreichischem Fleisch kommunizieren, dann ist doch jeder von uns bereit, mehr zu zahlen. In Summe verdient die Gastronomie damit also auch mehr.

 

Hannes Royer: Land schafft Leben fordert eine verpflichtende, durchgängige Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie. Die Gastronomie wehrt sich bisher stark dagegen. Was sind dabei die Herausforderungen?

Manfred Kröswang: Bei uns kann man die Herkunft zu hundert Prozent nachvollziehen, das ist alles in unserer Warenwirtschaft hinterlegt. Um die Herkunft garantieren zu können, braucht es als Großhandelbetrieb enge Partnerschaften mit den Produktionsbetrieben. Man kann nicht einmal dort und einmal dort einkaufen. Und genau diese Challenge haben auch die Gastronomiebetriebe. Bei dem Thema verpflichtende Herkunftskennzeichnung muss man auf jeden Fall darauf schauen, dass es für die Gastronominnen und Gastronomen nicht zu bürokratisch wird.

 

Das ganze Gespräch gibt es hier zum Nachhören:

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