Ernte und Transport
Zeitpunkt
In drei bis viereinhalb Monaten wird aus dem Saatkorn eine reife Karotte. Wann im Jahr der Bauer erntet, hängt davon ab, über welchen Weg er die Karotten später vermarkten wird. Den Anbauzeitpunkt stimmt er darauf ab. Von Ende Juni bis November werden jene Karotten geerntet, die das ganze Jahr über in Österreich erhältlich sind. Sie werden gleich verkauft oder für mehrere Wochen oder Monate eingelagert. Auch Karotten für die Verarbeitung ernten die Bauern in diesem Zeitraum. Sie produzieren so viel, dass der Abnehmer das ganze Jahr über Karotten verarbeiten und tiefkühlen kann. Frühkarotten werden von Ende Juni bis Mitte Juli geerntet und wenig später als frisches Gemüse von Konsumenten verzehrt. Karotten für die Lagerung werden im Oktober und November geerntet.
Wann genau die Karotten reif sind, erkennt der Bauer selbst, indem er probeweise einige Karotten aus der Erde zieht. Ein typisches Merkmal vieler Sorten ist eine stumpfe Spitze am unteren Ende der Karotte, wie sie für die Vermarktung gewünscht wird.
18 Prozent der gesamten in Österreich geernteten Gemüsemenge sind Karotten.
Methode
Auch die Erntemethode hängt davon ab, was später aus der Karotte wird. Karotten, die als Frischkarotten verkauft werden, packt eine Erntemaschine oben am Kraut und zieht sie aus der Erde. Dafür ist wichtig, dass das Kraut intakt ist, sonst bleibt die Karotte im Boden. Vor dem Herausziehen lockert die Erntemaschine den Damm mit den Karotten. Daneben fährt ein Anhänger mit Kisten, die über ein Förderband mit Karotten beladen werden.
Karotten für Tiefkühlgemüse werden zunächst geköpft, der grüne Ansatz am oberen Ende der Karotte wird entfernt. Dann nimmt eine Maschine den Damm samt Karotten auf und trennt die Karotten von der Erde. Für beide Erntemethoden brauchen die Bauern eine teure Maschine. Daher teilen sich mehrere Betriebe eine Maschine. Die Anzahl der Mitarbeiter hängt von der Betriebsgröße ab. Da die Karotte in der Regel nicht die Hauptkultur eines Bauern, sondern nur ein Gemüse im Rahmen der Fruchtfolge ist, sind die Mitarbeiter nicht nur für Karottenanbau und -ernte zuständig.
Für die Karottenernte braucht man etwa sechs bis zehn Mitarbeiter. Zur Erntezeit beschäftigen die Gemüsebauern bei Bedarf zusätzliches Personal. Die Karottenernte wird in der Regel überbetrieblich durchgeführt, wegen dem Bedarf spezieller Erntemaschinen und dem kurzfristig hohen Personalaufwand. Mehrere Betriebe kaufen die teuren Maschinen gemeinsam oder ein Betrieb kauft und verleiht an die anderen.
Die Erntemenge schwankt bei Karotten sehr stark. Sie ist abhängig von der Anbaufläche und von der Witterung im jeweiligen Jahr. Im Hitzejahr 2015 beispielsweise wurde um ein Drittel weniger geerntet als 2018.
Kurze Transportwege
Österreichs größte Karottenverarbeiter sind nicht zufällig im Marchfeld ansässig. Durch die Nähe zu vielen Gemüsebauern sind die Transportwege kurz. Das ist nicht nur gut für die Umwelt. Bei Tiefkühlgemüse ist der Zeitraum zwischen Ernte und Tiefkühlen besonders kurz. Die Erzeugerorganisation Tiefkühlgemüse verarbeitet direkt im Marchfeld, zwischen Feld und Fabrik liegen im Schnitt 13 bis 14 Kilometer.
Deutschland und Großbritannien ernteten im Jahr 2019 die meisten Karotten in der EU.
Einlagern oder gleich verpacken
Lagern in Kisten mit Erde
Karotten sind ein typisches Lagergemüse. Im Oktober und November ernten Bauern jene Karotten, die für die Lagerung bestimmt sind. Diese kommen in ein Kühlhaus mit maschineller Kühlung oder Naturlager mit einfacher Belüftung. Üblicherweise werden die Karotten in Kisten bei zwei Grad in Dunkelheit gelagert. Nach der Erntezeit werden nach und nach Karotten aus dem Lager entnommen, um den Bedarf der Konsumenten im Winter und Frühjahr zu decken. Gewaschen werden sie erst nach der Lagerung. Die Erde bleibt beim Einlagern auf den Karotten. Dadurch wird die Luftfeuchte hoch gehalten und ein Austrocknen der Karotten im Lager verhindert. So enthält eine Kiste während der Lagerung 40 Prozent Erde und 60 Prozent Karotten.
Erde entfernen, Waschen und Verpacken
Das Entfernen der Erde und Waschen der Karotten übernehmen Maschinen. Alle Arbeitsschritte nach der Ernte führen die Erzeugerorganisationen oder größeren Gemüseerzeuger selbst durch. Die Erde kommt zurück auf die Felder. Die trockenen Karotten werden verpackt. Die übliche Verpackungsform ist ein Kunststoffsack mit kleinen Löchern. Er verhindert, dass die Karotten austrocknen. Die Füllmenge der Verpackung beträgt 0,5 bis 5 Kilo. Am häufigsten ist die Ein-Kilo-Packung. Der Großteil der Karotten wird an den Lebensmitteleinzelhandel verkauft.
AUSSCHÜSSE ENTLANG DER WERTSCHÖPFUNGSKETTE
Jede einzelne Karotte wird von einer Maschine und später zusätzlich händisch auf ihre Form und Qualität geprüft. Gründe, warum Karotten, die für den Verzehr geeignet wären, am Ende ihres Weges nicht vom Menschen verzehrt werden, gibt es viele. Die größten Ausschüsse fallen bei den Verarbeitungsbetrieben und den Konsumenten selbst an.
Karotten, die von der zylinderförmigen, stumpfen, geradlinigen Standardform des Lebensmitteleinzelhandels abweichen, scheiden grundsätzlich für die Standardverpackung aus. Auch zu große oder zu kleine Exemplare werden aussortiert. Sie werden meist als Rinder- oder Pferdefutter verkauft. Karotten, die zwischen der Ernte und dem Verpacken brechen, werden ebenfalls verfüttert oder kommen in die Biogasanlage. Braucht ein Safthersteller Karotten, kauft er teilweise auch Frischkarotten, die nur wegen ihrer Form ausgeschieden wurden.
Qualitätskriterien erlauben keine großen Abweichungen
“Der Ausfall am Feld liegt im Bereich von 0,5 Prozent”, sagt Herbert Bucher von der Erzeugerorganisation Marchfeld. Tierische Schädlinge oder Pilze können am Feld zusätzlich Karotten befallen, die bei der Verarbeitung aussortiert werden. Auch Gründe für unterschiedliche Größen sind am Feld zu suchen. Je mehr Platz eine Karotte hat, desto größer wird sie. Liegt ihrem Wachstum in die Tiefe ein Steinchen im Weg, kann die Karotte sich teilen oder unförmig werden. Raphael Fink von Global 2000 stellt jene Kriterien in Frage, die solche Karotten für den menschlichen Verzehr ausscheiden. Er nimmt auch die Konsumenten in die Pflicht. “Da sind sowohl der Lebensmitteleinzelhandel als auch die Konsumenten gefragt, Ansprüche an Optik, Geschmack, Aussehen usw. zu hinterfragen”, so Raphael Fink.
Tiefkühlen
Die Erzeugerorganisation Tiefkühlgemüse ETG ist der mit Abstand größte Hersteller von Tiefkühlgemüse in Österreich. 60 Prozent der produzierten Menge bleibt im Inland, 40 Prozent werden exportiert. Hauptabnehmer sind der Lebensmitteleinzelhandel und Iglo Austria. 15 Prozent der von ETG verarbeiteten Karotten sind Bio. Ein bis drei Tage dauert es, bis eine österreichische Karotte, die für das Tiefkühlen bestimmt ist, vom Feld ins Tiefkühllager kommt. Nach ihrer Ankunft beim Betrieb wird den Karotten die Erde entfernt und sie werden gewaschen und aussortiert. Da die Karotten ohnehin geschnitten werden, fällt ein geringerer Anteil an Ausschuss an als bei Frischkarotten. Verarbeitet wird zur Erntezeit von August bis Ende November.
Der nächste Schritt ist das Dampfschälen. Dabei werden 100 bis 200 Kilo Karotten auf einmal kurz mit 100 Grad heißem Dampf erhitzt. Der Dampf wirkt ein und die Karotten sind leicht schälbar. Dann werden sie geschält und in die gewünschte Form geschnitten. Die beliebtesten Formen sind Streifen, Würfel und Babykarotten. Letztere werden aus kleinen Karotten gewonnen, indem diese zerteilt, geschnitten und abgerundet werden. Beim Blanchieren werden die Karottenstücke kurz mit heißem Wasser überbrüht. Vitamine und Farbe sollen erhalten und Keime abgetötet werden. Die Tiefkühlkarotten sind dann quasi vorgekocht. Die Konsumenten müssen sie nach dem Auftauen nicht mehr lange kochen. Der Großteil der Tiefkühlkarotten wird in Gemüsemischungen verkauft. Eine beliebte Mischung besteht aus Babykarotten mit Zuckermais und Erbsen.
Vor dem Tiefkühlen führen Maschinen und Mitarbeiter einen Qualitätscheck durch. Form, Größe und Farbe müssen passen. Eventuelle Reste vom grünen Karottenkraut fallen weg. Immer wieder nehmen Mitarbeiter Stichproben und bereiten damit nach Kochrezepten ein Gericht zu. Insgesamt werden weniger Karotten aussortiert als bei der Verarbeitung zu abgepackten Frischkarotten. Das Tieffrieren selbst geht sehr schnell. 4 bis 10 Minuten wird das Gemüse bei minus 35 bis minus 38 Grad gefroren. Die Haltbarkeit wäre im gefrorenen Zustand beim Verarbeitungsbetrieb theoretisch unbegrenzt. Üblich ist eine Lagerung von einem dreiviertel Jahr. Im Winter ist die Nachfrage nach Tiefkühlgemüse am größten.
Wie Babykarotten entstehen
Es ist die Frage aller Fragen zum Thema Tiefkühlkarotten. Wie werden aus den großen Karotten kleine Babykarotten? Schon bei der Aussaat machen die Bauern etwas anders als sonst. Sie verwenden eine Sorte, die kleiner ist und legen die Samenkörner enger aneinander in die Erde. So werden die Karotten viel kleiner als Frischkarotten. Der Verarbeitungsbetrieb schneidet sie in zwei oder mehr Teile und rundet sie ab.
Karottensaft
Arbeitsschritte in unterschiedlichen Bundesländern
Die Karottensaftproduktion in Österreich ist überschaubar. Das Unternehmen Naturfrucht mit Sitz in Wolkersdorf im Weinviertel produziert den Großteil des heimischen Karottensaftes. Die einzelnen Produktionsschritte lässt Naturfrucht von Unternehmen in der Steiermark, in Oberösterreich und im Burgenland durchführen, also nicht im Karottenhauptanbaugebiet Marchfeld. Das ist ein Nachteil gegenüber größeren Karottensaftproduzenten beispielsweise in Deutschland, die sich Transportweg zwischen den Produktionsschritten sparen. Geerntet und gewaschen werden die Karotten noch im Marchfeld. Wichtigstes heimisches Produkt ist Bio-Karotten-Direktsaft. Verarbeitet wird von Oktober bis Februar, am meisten konsumiert in der Zeit der guten Vorsätze - nach Silvester und in der Fastenzeit. In Österreich konsumierte Karottensaftkonzentrate werden hauptsächlich importiert. Im Lebensmitteleinzelhandel ist nur Bio-Karottensaft erhältlich.
Verarbeitung zu Karottensaft
Der erste Produktionsschritt ist das Mahlen. Die Karotten werden zu einer Maische. Diese wird leicht erhitzt, um die Zellstruktur zu öffnen. Für die eigentliche Saftgewinnung gibt es zwei Verfahren, das Pressen und das Dekantieren. Großteils werden österreichische Karotten wie Apfelsaft gepresst. Die Maschine ist meist dieselbe. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass mehr Karottengeschmack im Saft bleibt, der Nachteil, dass Farbe verloren geht. Weil Luft dazu kommt, nimmt der Saft ähnlich wie frisch aufgeschnittene Äpfel eine bräunliche Farbe an. Das Dekantieren geschieht in Vakuum, die charakteristische Karottenfarbe bleibt dabei besser erhalten, allerdings geht etwas mehr Geschmack verloren und der Saft wird dickflüssiger.
Nach dem Pressen oder Dekantieren wird der pH-Wert eingestellt. Der Saft sollte so sauer sein, wie es die Konsumenten am liebsten haben. Als Säuremittel dient Zitronensaftkonzentrat. Dann wird der Saft für wenige Sekunden auf 95 Grad erhitzt, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Das Entfernen von Trübstoffen passiert ausschließlich in einem Tank, in dem sich diese langsam absetzen. Gelagert wird Karottensaft in Tanklagern, abgefüllt erst bei Bestellung durch einen Abnehmer.