Genetik und Eigenschaften der Henne
Unterschiede zum Masthuhn
Ein Masthuhn der in Österreichs konventioneller Hühnermast eingesetzten Hybridlinie “Ross 308” wiegt nach 30 Tagen 1,68 Kilo und wird mit diesem Alter geschlachtet. Eine “Lohmann Brown Classic”-Legehenne erreicht dieses Gewicht nach 18 Wochen und kommt dann von der Junghennenaufzucht in einen Legehennenstall. Masthühner brauchen nur 1,6 Kilo Futter, um ein Kilo zuzulegen. Legehennen bringen es auf 300 Eier im Jahr. Beides sind Hochleistungswerte, die für Bäuerinnen und Bauern wichtig sind, um wirtschaftlich für den nationalen Markt produzieren zu können. Ein “Ross 308” wäre ein sehr schlechtes Legehuhn, umgekehrt setzen “Lohmann”-Legehühner kaum Fleisch an.
Im Bild rechts vergleichen wir Masthühner mit Legehennen, beide sind zum Zeitpunkt der Aufnahme fünf Wochen alt.
Mehr zur Genetik von Masthühnern:
Österreichs Legehennen werden von Lohmann Breeders international gezüchtet. Die Großelterntiere stehen im Ausland. Die Elterntiere der Legehennen kommen als Küken gleich nach dem Schlupf zu einem Elterntieraufzuchtbetrieb und später zu einem Elterntierbetrieb, meist innerhalb Österreichs. Der Elterntierbetrieb erzeugt Eier, aus denen in einer Brüterei die späteren Legehennen schlüpfen. Die weiblichen Küken kommen am ersten Lebenstag zu einem Junghennenaufzuchtbetrieb. Dort werden sie 18 Wochen aufgezogen und danach zu einem Legebetrieb geliefert. Dort legen sie ihre Eier bis zu einem Alter von einem Jahr bis eineinhalb Jahren. Ihr Leben endet in Österreichs einzigem Suppenhennenschlachthof.
Drei Hochleistungshybriden erzeugen Österreichs Eier
Österreichs Bauern verwenden Hybridrassen, weil diese so gezüchtet sind, dass sie viele Eier in gewünschter Qualität liefern. Würde sich jemand für eine alte heimische Rasse entscheiden, würde diese weniger Eier legen und gleichzeitig mehr fressen. Die Bäuerin oder der Bauer hätte keine Chance, am nationalen Markt mitzuhalten. Die Hybridlinien der Wahl sind in der konventionellen Landwirtschaft Lohmann Brown Classic und teilweise die weiße Lohmann LSL Classic. Sie werden vom deutschen Unternehmen Lohmann Breeders, einer Tochter des niedersächsischen Agrarkonzerns EW Group, gezüchtet. Die Lohmann-Legehennen sind in über 100 Ländern weltweit im Einsatz. Lohmann züchtet auch die Hybridlinie Sandy, die viele heimische Bio-Bäuerinnen und -Bauern verwenden. Lohmann Brown Classic und Lohmann LSL Classic legen um die 300 Eier pro Jahr, Lohmann Sandy sogar etwas mehr. Früher haben Hühner ein Ei pro Woche gelegt, heute fast ein Ei pro Tag.
Eine moderne Legehenne, im Bild eine Junghenne, kann einen Österreicher locker mit Eiern versorgen.
“Hybridlinie” bedeutet, dass die Hennen nicht ohne das Zuchtunternehmen vermehrt werden können. Man könnte die Hybridlinien zwar selbst am eigenen Betrieb weiterzüchten, würde aber nie die gewünschten Eigenschaften wie Legeleistung und Fitness erhalten. Damit die Tiere die Zuchtziele erreichen, müssen ihre Großeltern ebenfalls bestimmte Eigenschaften aufweisen. Großeltern der österreichischen Hennen und deren Vorfahren werden von Lohmann selbst in Käfigen gehalten. Diese sind weltweit aufgeteilt, um Totalausfälle durch Seuchen zu verhindern. Die Großelterntierbetriebe erzeugen Küken, die nach dem Schlüpfen nach Österreich kommen und später jene Eier legen, aus denen die Legehennen für Österreichs Bäuerinnen und Bauern schlüpfen. Ein Großelterntier erzeugt in seinem Leben im Schnitt 100 Elterntiere. Für jede Hybridlinie gibt es auf der Lohmann-Webseite ein Handbuch zum Downloaden. Darin steht, was die Henne benötigt, damit sie gesund ist und ihre Leistung bringt. Leistungskurven zeigen, wie viele Eier eine Henne in welcher Lebenswoche legt und wie schwer diese sind. Lohmann züchtet aber nicht nur auf Leistung, auch die Gesundheit der Hennen ist wichtig.
Die Hochleistung wird nicht nur unkritisch gesehen. Mehr dazu:
> Züchtung auf Hochleistung und Nutzungsdauer
Was passiert mit männlichen Küken?
Noch schlüpft aus jedem zweiten Ei, das für die spätere Eierproduktion ausgebrütet wird, ein männliches Küken. Dieses wird weder Eier legen noch eignet es sich aufgrund seiner Genetik dafür, schnell und viel Fleisch anzusetzen. Was mit diesen nicht benötigten männlichen Küken passiert, regelt seit 2022 eine Branchenlösung. In Österreich darf kein Küken mehr grundlos getötet werden. Darauf hat sich die heimische Geflügelbranche in Zusammenarbeit mit Zoos und Greifvogelorganisationen geeinigt. Die Branchenlösung beruht auf drei Säulen, die bestimmen, was mit den männlichen Küken aus der Legehennenzucht passiert:
Tiere wie Schlangen, Nasenbären, Eulen oder Adler in den heimischen Zoos und Tierschutzhäusern sind in Hinblick auf eine artgerechte und ausgewogene Ernährung auf Hühnerküken angewiesen. Außerdem haben die Hühnerküken aus der Eierproduktion aus hygienischer Sicht Vorteile, da die Hühnerküken unter lebensmittelhygienischen Gesichtspunkten erbrütet werden. Bis 2021 wurde der Bedarf an Futterküken nur etwa zur Hälfte mit heimischen Tieren gedeckt, und das, obwohl jährlich über 1,5 Millionen Küken in der Tierkörperverwertung landen. Das soll eine Branchenvereinbarung ändern: In Zusammenarbeit mit heimischen Zoos und Greifvogelorganisationen wurde beschlossen, dass jedes Küken entweder verfüttert oder aufgezogen werden muss. So wird kein Küken mehr grundlos getötet und der Bedarf an Futterküken kann zu einem größeren Teil mit heimischen Tieren gedeckt werden, die im Rahmen der Legehennenzucht schlüpfen.
Die Züchtung hat sich auf die jeweilige Nutzungsform von Hühnern spezialisiert: Legehennen legen etwa 300 Eier pro Jahr, während ein Masthuhn innerhalb von 30 Tagen schlachtfertig ist. Entsprechend ungeeignet ist ein Masthuhn als Legehenne und umgekehrt. Die als „Bruderhahnaufzucht“ bekannte Mast männlicher Legehühner dauert zumindest doppelt so lang wie jene eines Masthuhns, außerdem benötigen die „Bruderhähne“ doppelt so viel Futter. Die biologische Geflügellandwirtschaft hat sich bereits 2016 darauf geeinigt, männliche Legehühner aufzuziehen. Diese machen bislang einen Anteil von 11 Prozent an den 9,2 Millionen männlichen Küken von Legerassen aus, die in Österreich jährlich auf die Welt kommen.
Indem das Geschlecht des Huhns noch im Ei erkannt wird, könnte verhindert werden, dass überhaupt ein männliches Küken schlüpft. Die Geschlechtserkennung müsste dafür jedoch vor dem siebten Tag nach der Eiablage erfolgen, da das Schmerzempfinden des Embryos zwischen dem siebten und neunten Tag startet. Dies ist mit dem heutigen Stand der Technik noch nicht möglich. Es gibt aber bereits vielversprechende Ansätze, die diese Methode in absehbarer Zukunft praxistauglich machen könnten. Im Rahmen der Branchenvereinbarung soll die Früherkennung des geschlechtes künftig eine Rolle spielen.
Der Großteil der männlichen Küken wird nach dem Schlupf getötet
Die Brüder von Legehennen legen naturgemäß keine Eier. Sie setzen aber auch kaum Fleisch an, weil ihre Rasse aufs Eierlegen gezüchtet ist. Dieser Problematik hat man sich in Österreich im Rahmen einer Branchenlösung angenommen. Fakt ist jedoch: Der Großteil der männlichen Küken, deren Schwestern für die konventionelle Eiererzeugung aufgezogen werden, leben weniger als 24 Stunden. Sie werden aussortiert und getötet.
9,2 Millionen männliche Küken werden so jedes Jahr in Österreich getötet, 5,5 Millionen davon sind Brüder von Legehennen für den heimischen Markt. In den Brütereien sortieren Mitarbeiter die Eintagsküken in männliche und weibliche. Üblicherweise kommen die Sortierer aus Asien, weil sie sich über einen langen Zeitraum konzentrieren und viele Küken sortieren können. Männliche Küken, deren Schwestern für die konventionelle Landwirtschaft bestimmt sind, werden getötet. Dies darf allerdings nicht mehr ohne Grund passieren, darauf hat man sich im Rahmen einer Branchenlösung geeinigt. So muss jedes männliche Küken entweder verfüttert oder aufgezogen werden, die Entsorgung über die Tierkörperverwertung ist nicht mehr möglich. Auch die frühzeitige Geschlechtserkennung im Ei soll künftig eine Rolle spielen.
Methode des Tötens
Derzeit, im Jahr 2021, werden männliche Küken aber noch üblicherweise gleich nach dem Schlüpfen getötet. Es gibt dazu zwei Methoden, das Ersticken mit CO2 und das so genannte Schreddern durch rotierende Messer. In Österreich wird nur mit der CO2-Methode gearbeitet. Dabei werden die Küken mit einem Förderband zu einem Behälter transportiert, in den CO2 eingefüllt wird. Die deutsche Adalbert-Schweitzer-Stiftung beschreibt einen “mindestens 60 Sekunden langen Erstickungstod”. Tierarzt Harald Schließnig vom Österreichischen Tiergesundheitsdienst erklärt, dass das CO2 in zwei Phasen so eingeleitet wird, dass es die Küken gleich einatmen und möglichst wenig leiden. Im Zuge einer Recherche von Land schafft Leben zur Masthuhnschlachtung sagte Hanna Zedlacher vom Tierschutzverein Vier Pfoten, dass die stufenweise CO2-Betäubung von Geflügel funktioniere, im Gegensatz zur CO2-Betäubung von Schweinen.
Mehr dazu:
> Töten oder Mästen männlicher Küken
> Der “Bruderhahn”: Ein Meilenstein oder eine Zwischenlösung mit Ablaufdatum?
Abstammung und Verhalten der Legehennen
Die Vorfahren der Mast- und Legehühner lebten in Asien. Das Bankivahuhn gilt als das Urhuhn. Es legte zweimal im Jahr zehn Eier und brütete diese aus. Eine moderne Legehenne kann alle 24 Stunden ein Ei legen. Nach etwa 100 Tagen macht sie eine kurze Legepause, dann setzt sie das tägliche Eierlegen fort. Legt eine Henne einmal ins Legenest, dann wählt sie immer wieder denselben Platz für die Eiablage. Wenn sie das Nest nicht findet, legt sie ihr Ei irgendwo im Stall, bis sie das Legenest als optimalen Platz entdeckt.
Die Platzierung der Eier ist wichtig, damit sie am Betrieb eingesammelt werden können. Diese Eigenschaft ist eines der Zuchtziele des Zuchtunternehmens. Wenn eine der Hennen im Stall gar keine Eier legt, fällt das oft gar nicht auf. Welches Ei von welchem Huhn ist, können Bäuerin und Bauer nicht nachvollziehen, außer sie beobachten eine Henne beim Eierlegen.
Werden mehr als 80 Hennen gemeinsam gehalten, ergibt sich ein Schwarmverhalten. Die Hennen haben aber auch in großen Ställen ihren angestammten Bereich und eine Art Freundeskreis – also bestimmte Hühner, die sie kennen. Werden zum Beispiel nur ein paar Hennen auf einem Bauernhof gehalten, organisieren sie sich zu einem Haremsverband mit einem Hahn und fünf bis 20 Hennen. Die Hühner haben dann ihr festes Revier, auch wenn sie unendlichen Auslauf bekommen.
Wie das Ei im Huhn entsteht
Fast jeden Tag legt eine gesunde Legehenne, wie sie österreichische Bauern verwenden, ein Ei. Schon wenn ein Küken schlüpft, ist vorbestimmt, wie viele Eier es legen wird. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits alle späteren Eier im Tierkörper angelegt. Die vielen Nährstoffe im Ei kommen nicht von irgendwoher. Die Henne muss alles fressen, was ins Ei kommt. Das Blut transportiert die Nährstoffe zum Eierstock. Dort werden gleichzeitig mehrere Dotterkugeln entwickelt.
Jeweils eine Dotterkugel kommt in den Legedarm. Dort kommen Eiklar, Eihäute und die Schale dazu. Alleine die Schalenbildung in der Henne dauert 23 Stunden. Antikörper, die das Huhn gegen Krankheiten bildet, lagert sie im Ei ein. Sie sollen dem Küken in den ersten Lebenstagen als Schutz gegen Krankheiten dienen. Wenn das Ei fertig ist, presst es die Henne nach außen - sie legt das Ei.
Was mit den Legehennen passiert
Mit zunehmendem Alter der Legehennen nimmt ihre Leistung ab. Wenn ihr Futter mehr kostet als die gelegten Eier wert sind, wechselt sie der Bauer aus. Dann sind sie ein Jahr bis eineinhalb Jahre alt. Konventionelle wie biologische Legehennen werden im Stall gefangen, in einen Tiertransporter gegeben und zum Schlachthof gefahren.
In Österreich gibt es einen einzigen Betrieb, der Legehennen schlachtet. Dieser befindet sich in Weistrach in Niederösterreich und wird von der Erzeugergemeinschaft EZG Frischei betrieben. Lebendbeschau und Hygienemaßnahmen laufen ähnlich ab wie auf Masthuhn-Schlachthöfen. Die Betäubung erfolgt mit einem Elektrobad, bei dem die Hennen kopfüber ins Schlachtband gehängt werden. Der Kopf wird in ein Wasser getaucht, durch das Strom fließt, der die Hennen betäubt. Die Schlachtkörper werden nach Deutschland exportiert und dort zu Convenienceprodukten wie Suppenpulver verarbeitet, weil ihr Fleisch nicht für die Vermarktung als Frischfleisch geeignet ist.
Die Schlachtung erfolgt, bevor die Hennen in die so genannte Mauser kommen. Das ist jene Phase, in der die Tiere ihre Federn verlieren und neue nachwachsen. Da dieser Federwechsel sehr viel Energie erfordert, legen die Hennen in dieser Zeit sehr wenig Eier.
Wir wollten natürlich auch die Schlachtung der Legehennen filmen und fotografieren. Unsere diesbezügliche Anfrage an den Schlachthof in Weistrach in Niederösterreich blieb aber trotz mehrfacher Nachfrage unbeantwortet.
“Du dummes Huhn”? So schlau sind Hühner
“Hühner sind überhaupt nicht dumm, sondern gehören zu den intelligentesten Tieren, mit denen wir arbeiten”, sagt Anna Oblasser-Mirtl vom AnimalTrainingCenter in der Steiermark. Sie ergänzt: “Man kann ihnen quasi alles beibringen, wozu sie körperlich in der Lage sind”. Das AnimalTrainingCenter hält Hühner nicht zum Eierlegen, sondern für Seminare. Dennoch wollen Oblasser-Mirtl und ihr Team Vorbild sein. Sie beschäftigen die Hühner jeden Tag und basteln ihnen verschiedene Futterverstecke, damit sie den ganzen Tag etwas zu tun haben. “Hühner bewegen sich den ganzen Tag”, sagt die Tiertrainerin.
Hühner können sogar Tricks lernen. Mehr dazu:
> Blitzg'scheit