Beste Hühnerproduktion der Welt - oder “in Schönheit sterben”?
Österreich hat zusammen mit Schweden bereits jetzt unbestritten die EU-weit strengsten Auflagen im Sinne der Tiergesundheit und des Tierwohles für Masthühner. Der gern zitierte Slogan der Branche “Mehr Licht, mehr Luft, mehr Platz” soll dies verdeutlichen und den österreichischen Konsumenten auch entsprechend erreichen. Aber tut er das auch?
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Strenge Tierschutzauflagen, lückenloses Gesundheits-Monitoring vom Elterntier über das Brutei bis zum Masthuhn und eine enge Zusammenarbeit der Praxis mit renommierten Forschungseinrichtungen, um das österreichische System der Hühnermast zu optimieren, zielen insgesamt auch auf eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz dieses landwirtschaftlichen Produktionszweigs. So forscht die Veterinärmedizinische Universität Wien an neuen Impfstoffen und Medikamenten. In Raumberg-Gumpenstein läuft eine Versuchsreihe, mit dem Ziel Emissionen (Gase: sprich Geruch, Staub und Lärm) zugleich mit dem Sojaanteil in der Futterration zu reduzieren. Dadurch soll auch die ökologisch wie ökonomisch problematische Abhängigkeit von Soja aus Übersee verringert werden.
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Diese für den österreichischen Konsumenten grundsätzlich begrüßenswerten Rahmenbedingungen in der Hühnermastproduktion bedeuten auf einem international hoch kompetitiven Markt aber auch einen enormen Wettbewerbsnachteil. Nicht alle Branchenvertreter sehen daher eine Entwicklung hin zu immer höheren Standards nur positiv. Der zur Zeit noch hohe aber leicht rückläufige Selbstversorgungsgrad von 89 Prozent gilt hier als Gradmesser. Eine groß angelegte vergleichende Studie des deutschen Handelsblatt Research Institutes, von der deutschen Geflügelwirtschaft in Auftrag gegeben, bringt das “Problem” der sinkenden Selbstversorgung wie folgt auf den Punkt:
“Selbst in den beiden wohlhabenden Ländern Schweden und Österreich können sich nicht alle Konsumenten das hochpreisige einheimische Geflügel leisten und greifen zu preiswerteren Importen. Und die weiterverarbeitende Lebensmittelindustrie kauft teilweise im Ausland ein.” Es würde demnach “Evidenz für einen Trade-off (eine Art “Tauschgeschäft”) zwischen dem Tierwohl und der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit” geben. Weiter heißt es in der Studie: “Damit ist in diesen beiden Ländern zu sehen, dass es zwar hohe Standards in der Erzeugung gibt, ein großer Teil des verzehrten Fleisches aber aus anderen Ländern kommt – in denen teils mit niedrigeren Standards erzeugt wird.”
Das teurere österreichische Geflügel hat es eben auch auf den heimischen Märkten nicht immer leicht. Gerade in Großküchen, der Systemgastronomie (Fastfoodketten, Möbelhäuser und Co.) und im Großhandel, der die Gastronomie beliefert, zieht das teurere österreichische Qualitätsgeflügel fast immer den Kürzeren. In Zeiten steigenden Außer-Haus-Konsums muss dies die gesamte Branche alarmieren. Wie andere österreichische Produktionszweige auch, plädiert sie daher schon seit längerem für eine zumindest freiwillige Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie. Diese zeigt hier bislang entsprechenden Ansinnen aber eher die kalte Schulter.