Was ist Siedesalz?
Siedesalz wird mit Wasser aus dem Berg gelöst. Anders als Steinsalz kann man es nicht direkt aus dem Berg schlagen, da der Salzgehalt im Gestein nur bei etwa 50 bis 60 Prozent liegt. Beim Herauslösen entsteht Sole, also eine salzhaltige Flüssigkeit. Um das Salz aus dieser zu gewinnen, verdunstet man das Wasser.
Im Gegensatz zur Stein- oder Meersalzproduktion ist die Gewinnung von Siedesalz die aufwendigste und teuerste. Man kann es aufgrund der hohen Investitionen und Energiekosten als Industrie-Produkt bezeichnen. Doch ist dieses Salz aus Österreich aufgrund von chemischen Prozessen bei der Gewinnung auch das reinste.
Sole-Gewinnung früher und heute
Am Anfang der Siedesalz-Produktion steht die Sole-Gewinnung. Dafür müssen die Bergwerke zuerst Stollen in das salzhaltige Gestein, in das Haselgebirge, schlagen. Damals, bevor 1965 die Bohrlochsonden-Methode erfunden wurde, gewannen die Salzbergwerke die Sole mittels eines sogenannten Normalwerks aus dem Berg.
Normalwerk: Solegewinnung bis Mitte des 20. Jahrhunderts
Für die Solegewinnung ab dem 13. Jahrhundert bis 1965 mussten die Bergleute zuerst einen Stollen in den Berg treiben. Von diesem aus bildeten sie weitere Nebenstollen, auch Zubaustrecken genannt. Von deren Ende aus, arbeiteten sich die Bergleute weiter vor – aber diesmal etwa im 45-Grad-Winkel schräg nach unten. Diesen Stollen nannten die Bergleute Schurf.
Am Ende eines solchen Schurfes erzeugte man einen kleinen Hohlraum, auch Laugkammer genannt. Die Bergleute hatten dafür keine elektronisch betriebenen Geräte zur Verfügung, sondern bildeten diesen von Hand. Von dort aus trieben sie einen weiteren schräg nach unten verlaufenden Schacht voran, bis sie das darunterliegende Stollensystem erreichten.
Der erste Teil der Arbeit war nun abgeschlossen. Nun musste das Salz aus dem Berg gelöst werden. Die Bergleute führten dafür ein Rohrleitungssystem in die Laugkammer ein. Dann füllten sie dieses mit Wasser. Nach und nach löste das Wasser Salz aus dem Gestein. Es dauerte etwa vier bis sechs Wochen, bis sich genügend Salz aus dem Berg gelöst hatte. Dabei entstanden drei Schichten aus unlöslichem Gestein, die Sole mit etwa einem Drittel Salzgehalt sowie eine Schicht aus Wasser.
Sobald die Sole kein Salz mehr aufnehmen konnte, wurde sie über Rohre aus dem Berg in die Saline geleitet. Dort wurde das Wasser der Sole verdampft, bis das Salz übrigblieb.
Derselbe Prozess wiederholte sich dann immer wieder: Wasser einlassen, Sole aus dem Berg holen, Erhitzen und Salz gewinnen. Durch das ständige Absetzen des Gesteins wuchs die Laugkammer dabei immer höher und kam näher an das darüberliegende Stollensystem heran. Daher legten die Bergleute jedes Normalwerk nach etwa 15 Jahren still. Damit vermieden sie den Einsturz des Stollenwerks.
Was ist ein Erbstollen?
Im Salzbergwerk gibt es einen Stollen, der am tiefsten liegt. Dieser wird auch Erbstollen genannt. Seine Aufgabe ist die Ableitung von Wasser aus dem Berg sowie die sogenannte Bewetterung. Das bedeutet, dass durch den Stollen immer wieder frische Luft in das Schachtsystem eindringen konnte.
Bohrlochsonden-Methode: Sole-Gewinnung heute
Heute hat die sogenannte Bohrlochsonden-Methode das Normalwerk verdrängt. Die neue Methode bietet nämlich viele Vorteile: Anstatt schräg einen Schacht in den Berg zu treiben, bohren die Bergleute von oben vertikal nach unten in den Berg hinein. Damit erreichen sie eine größere Tiefe. Während beim Normalwerk eine Tiefe von etwa 35 Metern nach unten erreicht wurde, stoßen sie bei der neuen Methode bis zu 800 Meter tief in den Berg vor. Damit kann das Werk etwa 60 Jahre anstatt nur 15 Jahre lang genutzt werden. Die Nutzungsdauer des Werkes ist dennoch begrenzt, weil die Sole mit den Jahren auch bei dieser Methode immer weiter nach oben in den Berg wandert.
Auch die Solegewinnung verläuft anders als im Normalwerk: Anstatt mechanisch einen Hohlraum zu bilden, lassen die Bergleute direkt Wasser in den Berg ein. Nach etwa zwei Jahren bildet sich eine sogenannte Kaverne, also eine Aushöhlung im Berg. Nach dieser Zeit hat sich so viel Salz aus dem Berg gelöst, dass die Kavernen mit Sole gefüllt sind. Das übrige Gestein – Bergleute nennen es auch taubes Gestein – sinkt auf den Boden des Hohlraums. Zu diesem Zeitpunkt beträgt der Durchmesser so einer Kaverne etwa 90 bis 100 Meter. Mehr als 100 Meter Durchmesser sollten es nicht sein. Sonst wird die Einsturzgefahr zu groß. Geprüft wird die Größe mittels Echolot-Messungen.
Für die Solegewinnung lassen die Bergleute schließlich zwei ineinander gesetzte Rohre in die Kaverne hinein. Das innere Rohr reicht tief bis in die Sole hinein. Durch das äußere Rohr wird Wasser in den Berg gepumpt. Dadurch entsteht Druck im Berg von etwa 30 bar. Die Sole wird somit also durch das innere Rohr nach oben aus dem Berg hinaus gedrückt, wobei sich immer mehr Gestein und Salz aus der oberen Schicht der Kaverne löst. Das übrige Gestein sinkt wieder hinab zum Kavernen-Boden. Auf diese Weise wandert die Kaverne dabei weiter nach oben im Berg. In einem Jahr werden die Rohre dadurch etwa sieben Meter weiter nach oben versetzt.
In Bergwerken gewinnt man Salz in der Regel aus mehreren Kavernen gleichzeitig. Diese befinden sich an unterschiedlichen Stellen im Berg.
Sole wird zu Salz
Damit aus der Sole Salz werden kann, muss sie erhitzt werden. Das passiert bei Salz aus Österreich in Ebensee. Über etwa 40 Kilometer lange Rohrleitungen wird die Sole dafür teils über-, teils unterirdisch von den drei Salzbergwerken in Hallstatt, Bad Ischl und Altaussee in die Saline geleitet. Pro Tag sind das etwa 10500 Kubikmeter Sole. Mit einem Salzgehalt von rund 30 Prozent wird diese Menge durch die weitere Aufbereitung zu etwa 3500 Tonnen Salz.
Früher brauchte die Aufbereitung von der Sole zu Salz noch sehr viel Energie. Heute kann dank neuer Technologien der Dampf, der beim Erhitzen der Sole entsteht, optimal genutzt werden.
Was steckt in der Sole?
Die Sole ist eine salzhaltige Flüssigkeit. Sie enthält aber nicht nur herkömmliches Salz, also Natriumchlorid (NaCl), sondern auch andere gelöste Salze wie Kalzium, Magnesium, Kalium, Sulfat und Bromid. Eine Sole gilt dann als hochqualitativ, wenn sie möglichst viel NaCl und möglichst wenig Magnesium und Kalzium enthält. Diese sind sogenannte Härtebildner, die Beläge verursachen, wie wir sie zuhause im Kochtopf oder an der Duschwand kennen.
Salz-Gewinnung bis 1950: Pfannen zum Erhitzen der Sole
Bis zum Jahr 1950 verwendete man riesige Pfannen zur Salz-Gewinnung. Diese hatten einen Durchmesser von etwa 20 Metern. Die Bergleute nannten sie Sudpfannen. Diese wurden mit Sole gefüllt und von unten mittels Holzverbrennung erhitzt. Das Wasser verdunstete und das Salz setzte sich am Boden der Pfanne ab. Im nächsten Schritt wurde das Salz in Holzkisten gelagert und später zum Weitertrocknen in ein sogenanntes Dörrhaus gebracht. Dort wurde nochmal extra mit Holz geheizt, damit das Salz trocknen konnte. „Der Holzbedarf war damals sehr hoch. Das führte dazu, dass in der Gegend des Salzkammerguts ganze Wälder abgeholzt wurden“, erklärt Ernst Gaisbauer, Berater für Industrie- und Bergbau in Österreich.
Diese Form der Salzgewinnung barg aber nicht nur aufgrund des Holzbedarfs Probleme: Das Heizen der offenen Pfannen war sehr ineffektiv. Der warme Dampf konnte entweichen und wurde nicht weiter zur Erhitzung der Sole verwendet. Man kann sich das ungefähr so vorstellen wie das Kochen mit einem offenen Kochtopf. Außerdem setzte sich in den Pfannen immer wieder ein Belag von Gips und Kalk ab. Dieser verhinderte die Wärmeübertragung. So mussten die Bergleute diesen immer wieder von Hand herausschlagen.
Es folgten einige Entwicklungen, die die Pfannen-Technologie effektiver machten. Doch wurde diese erst in den 50er Jahren durch das sogenannte Schweizerhalle-Verfahren in Verbindung mit einer Thermokompressions-Anlage abgelöst.
Pfannen werden heute trotzdem noch zum Teil eingesetzt; etwa für die Gewinnung einer speziellen Salzsorte: Es handelt sich dabei um pyramidenförmige Salzflocken. Sie sind dem aus Meersalz gewonnenem Fleur de Sel nachempfunden.
Salzgewinnung heute
Die Salzgewinnung von heute funktioniert dem Prinzip nach gleich wie damals. Nach wie vor gewinnen die Salinen Salz durch das Erhitzen der Sole. Doch ist die Technologie dahinter eine andere. „Heute nutzt man statt Pfannen das sogenannte Thermokompressionsverfahren“, erklärt Bergbau-Spezialist Ernst Gaisbauer. „Dabei wird der Energieinhalt im Dampf verwertet. Man braucht heute also weniger Energie, obwohl Siedesalzproduktion natürlich nach wie vor ein energieintensiver industrieller Prozess ist.“
Den modernen Salzgewinnungs-Prozess kann man dabei in drei Schritte einteilen:
1. Reinigung der Sole
2. Verdampfung
3. Trocknung des Salzes und Finalisierung
1) Reinigung der Sole
Im ersten Schritt wird die Sole chemisch gereinigt. Dafür lässt man sie mit Stoffen reagieren, die eine Trennung vom Salz und seinen Begleitmaterialien bewirkt. Man nennt dieses Prinzip Schweizerhalle-Verfahren. Dabei kommt die Sole zuerst in große Reaktoren. Danach werden weitere Substanzen hinzugefügt, die unerwünschte Stoffe aus der Sole herauslösen. Um etwa Magnesium und Gips aus der Sole zu entfernen, mengen die Salinen der Sole Kalkmilch und Mutterlauge (ein Rest, der bei der Salzproduktion entsteht) bei.
Nach der ersten Reinigung kommt die Sole weiter in einen zweiten Reaktor. Hier kommen wieder Stoffe hinzu, um Kalk aus der Flüssigkeit zu lösen: Rauchgas – dieses entsteht bei der Erhitzung der Sole – und Soda.
Alle Stoffe, die nicht gebraucht werden, kommen in einen sogenannten Schlammstapeltank. Früher gelangte dieser Mineralienschlamm noch in den Fluss, in die Traun. Heute transportieren die Salinen diesen zurück in den Berg.
Im letzten Schritt der Reinigung geht die Sole noch einmal durch eine Filteranlage und kommt als sogenannte Reinsole weiter zur Verdampfung.
2) Verdampfung der Sole
Bei der Verdampfung kommt eine Thermokompressionsanlage zum Einsatz. Einfach erklärt, wird die Sole in Verdampfern erwärmt. Dabei konzentriert sie sich und das Salz löst sich heraus. Anders als damals, als noch offene Pfannen genutzt wurden, sind die Verdampfer oben geschlossen. Der Dampf wird dann in der Maschine gereinigt und zusammengepresst. Durch den Druck erhitzt sich der Dampf und gibt diese Wärme wiederum an die Reinsole, also die gereinigte Sole, weiter.
Im nächsten Schritt gelangt die übrige Sole in eine mehrstufige Vakuumanlage. Die Vakuumanlage hat das Ziel noch mehr Salz aus der Sole zu filtern. Das funktioniert so: Die Anlage besteht aus mehreren hintereinander geschalteten Verdampferstufen. In den Verdampfern entsteht Unterdruck, sodass die Sole bei niedrigeren Temperaturen zu sieden beginnt. Die Wärme des einen Verdampfers wird dann – ähnlich wie bei der Thermokompressionsanlage – an den nächsten Verdampfer weitergegeben.
3) Trocknung des Salzes und Finalisierung
Nach den Verdampfungsprozessen ist das Salz noch feucht. Es kommt daher in eine Zentrifuge. Beim Schleudern verliert es das Wasser auf der Kristalloberfläche. So hat es nur noch einen Feuchtigkeitsgehalt von etwa zwei Prozent. Dieses Salz kann bereits als Industriesalz verwendet werden.
Damit sich das Salz als Speisesalz eignet, muss es in den sogenannten Wirbelschichttrockner. Während dieses Trocknungsprozesses kommt oft ein Trennmittel zum Einsatz, das als „Rieselhilfe“ dient. Es sorgt dafür, dass die kleinen Salzkörner nicht zusammenkleben, sondern getrennt voneinander aus dem Salzstreuer rieseln. Bei Salz für Bio-Produkte sowie für Pharmasalz kommt dieses nicht zur Anwendung.
Dünger aus der Salzproduktion
Zu viel Salz auf den Feldern tut den Pflanzen nicht gut, dafür aber ein anderes Produkt aus der Salzproduktion: Kaliumsulfat. Es entsteht in einem der letzten Schritte der Salzgewinnung, bei dem noch mehr Salz aus der übrigen Sole herausgeholt wird. Bäuerinnen und Bauern setzen den Stoff sowohl im Bio- als auch im konventionellen Anbau als Dünger für den Gemüse-, Obst- oder Weinanbau ein.