Neue Züchtungen reagieren auf Klimaveränderung

Person hält Kartoffelblüte | © Land schafft Leben

Auf die Frage “Warum überhaupt Züchtung?” kommt Felix Fuchs von der Niederösterreichischen Saatbaugenossenschaft (NÖS) im Filminterview sofort auf den Klimawandel zu sprechen: “Züchtungen auf Hitze- und Trockentoleranz werden immer bedeutender.” Angesichts des sich wandelnden Klimas züchterisch stehen zu bleiben, wäre fatal. Selektion sei wichtig für die Ertragssicherung bzw. -steigerung. Hier sei die wenig spektakuläre Züchtung langfristig wichtiger und erfolgreicher als der ganze Pflanzenschutz. Neben Hitze- und Trockentoleranz ziele man vermehrt auch auf Krankheitsresistenzen. Auf Züchtungsmethoden der jüngsten Gentechnik-Generation wie CRISPR/Cas9 angesprochen antwortet Felix Fuchs, dass dieses Thema in Europa verpönt sei. Deshalb sehe er darin trotz höchst interessanter Ansätze gerade auch in der Kartoffel-Resistenz-Forschung und bereits vorzeigbarer Erfolge in diesem Bereich für die NÖS in absehbarer Zeit kein Betätigungsfeld.

             

 

Pflanzenschutz mit Nebenwirkung?

Traktor sprüht Pflanzenschutz auf Kartoffelfeld | © Land schafft Leben

Als sich die Kartoffel in Europa immer mehr als Grundnahrungsmittel etablierte, verbesserten sich die Ernährungsmöglichkeiten der Bevölkerung enorm. Für viele Länder, wie beispielsweise für Irland, wurde sie zur Ernährungsgrundlage, was gleichzeitig bedeutet, dass Missernten aufgrund von ungünstigen klimatischen Verhältnissen oder aufgrund von Kartoffelkrankheiten fatale Folgen mit sich brachten.  Fatale Folgen in Form von großen Hungersnöten. 1845 starb jeder neunte Ire an Hunger – der Kartoffelpilz Phytophthora infestans ließ ganze Kartoffelfelder verfaulen.

Heute gibt es Pflanzenschutzmittel, um solchen Situationen zu begegnen. Angefangen von der Beizung des Saatgutes gegen die Blattlaus, dem Einsatz von Insektiziden gegen den Kartoffelkäfer, der Verwendung von Fungiziden gegen Pilze oder dem Ausbringen von Herbiziden zum Zweck der Krauttötung – die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch bei Pflanzenschutzmitteln variieren die Meinungen stark. Spricht man über gesundheitliche Nachhaltigkeit, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der gesundheitlichen (Un)bedenklichkeit von Pflanzenschutzmitteln. Viele von ihnen stehen im Verdacht krebserregend, fortpflanzungsschädigend oder erbgutverändernd zu sein.

> Gas verhindert, dass Kartoffeln austreiben

 

Streitthema Pflanzenschutz: Keine Antworten auf Drahtwurm und Co

Traktor sprüht Pflanzenschutz auf Kartoffelfeld | © Land schafft Leben

Beim Thema Pflanzenschutz scheiden sich die Geister. Abgesehen von Fragen nach der besten Art der Tierhaltung kommt wohl keinem landwirtschaftlichen Fragenkomplex derartige mediale Aufmerksamkeit zu. Zu sehen etwa anhand des Drahtwurms bei der Kartoffel. Dieser Schädling hat im Jahr 2018 vor allem im Hauptanbaugebiet Weinviertel zu dramatischen Ernteeinbußen geführt. Und in weiterer Folge zu heftigen Diskussionen über mögliche zukünftige Formen der Bekämpfung. Der Schaden durch den Drahtwurm bei der Ernte 2018 war enorm. Rund 25 Prozent der Knollen konnten wegen dem Schädling nicht als Speiseware vermarktet werden und gingen zum Teil unter hohen Preisabschlägen in die Stärkeindustrie. Viele Knollen wurden auch über Biogasanlagen entsorgt, bei entsprechend noch einmal herabgesetzter Wertschöpfung. Mit dieser Menge von ca. 112.500 Tonnen könnte man 2.250.000 Österreicher ein Jahr lang versorgen.

Beizen oder Spritzen - Was ist besser für Biene und Co?

Mehrere Kartoffeln in Kiste | © Land schafft Leben

Im April 2018 beschloss die Europäische Kommission ein Komplettverbot für den Einsatz im Freiland von Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Neonicotinoide. Dass einige Neonicotinoide bienenschädigendes Potential besitzen, ist in der Wissenschaft unbestritten. Umstritten ist allerdings inwiefern und in welchem Ausmaß Neonics bei unterschiedlichen Anwendungen in der agrarischen Praxis tatsächlich den wichtigen Bestäubern schaden. Auch im Kartoffelanbau kamen bis 2018 Neonicotinoide zum Einsatz. Vor allem in Form der Saatgutbeizung, einer Umhüllung der Saatkartoffeln mit Wirkstoffen aus dieser Gruppe. Neonics wirken dann systemisch, das heißt sie gehen stark verdünnt in den Saftstrom der wachsenden Kartoffelpflanze hinein und machen dadurch etwa der Blattlaus, die sich an der Pflanze festsaugen will, den Garaus. Blattläuse übertragen Virosen, die die Kartoffelpflanze krank werden und verkümmern lassen. Im Unterschied zu den Saatkartoffeln wurden Speisekartoffeln hauptsächlich gegen den Kartoffelkäfer gebeizt. Das Echo auf das Verbot der drei neonicotinoiden Wirkstoffe im Freiland ist sehr geteilt. Während Imker und Umweltverbände es begrüßen, halten die konventionelle Landwirtschaft und die Pflanzenschutz- und Saatgutindustrie das Verbot für überzogen. Viele Fachleute warnen, dass Flächenspritzungen mit Alternativen mangels Wirksamkeit bei relevanten Schädlingen die insektizide Beizung nicht ersetzen können. Neue Präparate sind nicht in Sicht. Womöglich kehren längst vergessene Schädlinge und Krankheiten zurück auf den Acker.