Sorten

Unterscheidung nach Verwendungszweck

Kiste voller Kartoffeln | © Land schafft Leben

Kartoffelsorten unterscheiden sich nach Verwendungszweck, Stärkegehalt, Reifetermin, Schalen- und Fleischfarbe und Knollenform. Man unterscheidet nach dem Verwendungszweck zwischen Speisekartoffeln und solchen für die Verarbeitung zu Pommes, Chips, Püree, Stärke und weiteren Produkten. Speisekartoffelsorten werden nach Kochtypen eingeteilt.

> Kochtypen und Frühkartoffeln

“Heurige” oder “Frühkartoffeln”

Die ersten heimischen Kartoffeln des Jahres sind die Frühkartoffeln, in Österreich häufiger als “Heurige” bezeichnet. Für die Bauern gilt, je früher sie hochwertige Heurige liefern können, desto besser. Mitte Mai, wenn die ersten Frühkartoffeln geerntet werden, ist der Preis am höchsten. Bis 10. August können Heurige als solche vermarktet werden. Der Vorteil für Konsumenten ist, dass im Frühjahr frische Kartoffeln aus Österreich verfügbar sind. Hauptanbaugebiet für die Heurigen ist der Seewinkel im Burgenland. Im Gegensatz zu anderen Kartoffeln werden Heurige teilweise unter Vlies oder Folie angebaut, um ihnen mehr Wärme zu geben und sie schneller heranreifen zu lassen. Die Fleischfarbe der Heurigen ist eher hell, ihre Schale eher lose und gelb. Heimische Heurige können von jedem Kochtyp sein, außer mehlig. Auf der Verpackung müssen diese nicht angegeben werden.

Sortenranking

Folgende Sorten werden in Österreich in ihrer jeweiligen Kategorie am häufigsten angebaut. Anders als bei vielen anderen Lebensmitteln, wo längst internationale Zuchtunternehmen den Markt beherrschen, dominieren im heimischen Kartoffelanbau Sorten aus Österreich und Deutschland.

Typ Sortenname Züchtung und Vermehrung
Speisekartoffel festkochend Ditta In Niederösterreich gezüchtet und 1988 eingetragen; Wird auf 470 Hektar vermehrt und auf 1700 Hektar angebaut.
Speisekartoffel vorwiegend festkochend Tosca In Niederösterreich gezüchtet und 2001 zugelassen; Wird auf 130 Hektar vermehrt.
Speisekartoffel mehlig Agria Deutsche Züchtung; Wird in Österreich auf 100 Hektar vermehrt.
Verarbeitungskartoffel (bedeutendste Chips-Sorte) Hermes In Niederösterreich gezüchtet und 1972 zugelassen; Wird auf 130 Hektar vermehrt.
Stärkesorte Eurostarch Deutsche Züchtung; Vermehrung in Österreich auf 90 Hektar

 

> Kochtypen und Frühkartoffeln

Heimische Sorte am beliebtesten

Kartoffel in Korb mit Zettel mit der Aufschrift "Ditta" | © Land schafft Leben

Die mit Abstand bedeutendste Sorte in Österreich trägt den Namen “Ditta”. Sie wurde vor bereits über 30 Jahren in Niederösterreich gezüchtet. Dieses hohe Alter ist bei Kartoffelsorten nicht ungewöhnlich. Manche gibt es schon mehr als ein halbes Jahrhundert und dennoch haben sie noch Bedeutung im professionellen Anbau. Ditta hat auch in der Bio-Landwirtschaft Bedeutung und ist über die heimischen Grenzen hinaus bekannt und wird beispielsweise auch in Zypern, Ägypten und Israel angebaut. Im Frühjahr importieren wir Ditta-Kartoffeln aus diesen Ländern. Die Sorte vereint viele positive Eigenschaften.

BEGRENZTE VIELFALT

Weltweit gibt es über 5.000 Kartoffelsorten, doch in den Regalen ist die Vielfalt beschränkt. Bunte Kartoffeln erscheinen attraktiv, werden aber nicht ausreichend regelmäßig nachgefragt und sind teurer.

Der überwiegende Teil professioneller Kartoffelbauern muss sich bei der Sortenwahl an Wünschen orientieren. Diese gehen von der Packstelle aus, die wiederum die Wünsche des Handels erfüllen muss, der sich nach Konsumentenwünschen richtet.

 

Raritäten können beim Preis nicht mithalten

Auch wenn sie neugierig machen und interessant oder gar außergewöhnlich schmecken - für die breite Masse eignen sich Raritäten nur begrenzt. Zu sehr achten Konsumenten auf den Preis. Bei diesem können Raritäten nicht mithalten. Sie werden nicht so intensiv gezüchtet und haben daher geringere Erträge. Konsumenten, die großen Wert auf Vielfalt und besondere Sorten legen, sind auch bereit, mehr Geld dafür auszugeben. So sind es vor allem Direktvermarkter, die sie anbauen und vertreiben.

 

Vielfalt statt billiger Ware

Im Lungau, auf über 1.000 Meter Seehöhe, kultivieren Hans Moser und Andrea Bacher vulgo Anthofer Kartoffeln. Sie bewirtschaften jedes Jahr nur ein überschaubares Feld mit Kartoffeln. Sie haben auch Tiere und Grünlandwirtschaft, bekannt sind sie für die Kartoffeln. Chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel setzen sie keine ein. Wie sich das alles wirtschaftlich ausgeht, fragt unser Filmteam zu Besuch im Lungau. “Wir haben einen viel geringeren Ertrag als die Kollegen in Niederösterreich”, sagt Hans Moser. Die seltenen Sorten, die er verwendet, seien mehr auf Geschmack und Resistenz gegen Krankheiten gezüchtet. Aber: “Wir haben dafür die Vielfalt.” Hans Moser und Andrea Bacher haben mit zehn Sorten begonnen, 2018 bauten sie bereits über 40 an. Die Sorten tragen Namen wie “Magenta Love”, “Red Cardinal” und “Bamberger Hörnla”. Die Kunden sind bereit, für besondere Kartoffeln mehr auszugeben. Auch Spitzengastronomen kaufen und verkochen die bunten Kartoffeln vom Anthofer. Kartoffeln aus dem Lungau sind als “Lungauer Eachtling” bekannt.

Konservierung von Raritäten

Alte Sorten zu erhalten ist gar nicht so einfach. Kartoffelsaatgut ist, anders als das Saatgut anderer Pflanzen, nur sehr begrenzt haltbar. Daher muss man zur Archivierung Gewebe der jeweiligen Kartoffel in einem Glas oder in flüssigem Stickstoff gefroren aufbewahren. Die AGES konserviert 50 Sorten in der pflanzlichen Gewebekultur unter sterilen Bedingungen.

Züchtung und Vermehrung

Saatgut aus Österreich

Gabelstapler steht neben Feld | © Land schafft Leben

Bei den meisten Gemüsearten und bei vielen Ackerfrüchten hat sich längst das Saatgut internationaler Zuchtunternehmen durchgesetzt. Bei der Kartoffel ist das anders. Das liegt zum einen an der sehr erfolgreichen heimischen Sorte Ditta, zum anderen daran, dass heimische Züchter ihre Entwicklungen am besten an heimische Bedingungen anpassen. Heimisches Saatgut ist aber keine Voraussetzung, um das AMA-Gütesiegel zu bekommen. Die Bauern könnten sich also auch für Saatgut aus anderen Ländern entscheiden.

Zehn Jahre Züchtung bis zur Sorte

Zettel mit Aufschrift hängt auf Kartoffelpflanze | © Land schafft Leben

Mindestens zehn Jahre dauert es, bis aus einer Idee eine neue Kartoffelsorte wird. Der Grund dafür ist, dass die Züchter ihren Zeitplan an der Natur ausrichten und in einer Vegetationsperiode nach der anderen die notwendigen Selektionsschritte durchführen. Im ersten Jahr werden die Eltern im Glashaus gekreuzt. Alle blühenden Kartoffelpflanzen können sowohl als Mutter als auch als Vater verwendet werden. Durch die Befruchtung entstehen auf den Pflanzen Beeren, die Samen enthalten. Im zweiten Jahr kommen etwa 50.000 Samen in Töpfe. In jedem Topf wird dann eine Knolle geerntet.

Eigene Zuchtziele für Chips und Co

Wichtig ist, dass die Züchter einen Plan haben, wofür die Sorten später verwendet werden. So müssen Kartoffeln für Pommes lang und eher schmal sein, für Chips rund, hell und nach der Verarbeitung knusprig. Und Salathersteller wollen lange und gelbe Kartoffeln. Die Stärkeindustrie will einen hohen Stärkegehalt.

Vermehrung: Wie aus einer Kartoffel viele werden

Kiste voller Kartoffeln auf Wiese | © Land schafft Leben

Aus einer einzigen Kartoffel wächst die Pflanze bis zu einen Meter in die Höhe. Unter der Erde bilden sich zahlreiche Tochterknollen, je nach Sorte bis zu 20. In ihnen wird neben anderen wichtigen Inhaltsstoffen vor allem Stärke eingelagert. Diese soll der nachkommenden Pflanze als Nahrung dienen, aber auch für Mensch und Tier ist die Knolle wertvoll. Wenn die Kartoffelpflanze im Herbst abstirbt, lösen sich die neuen Knollen. Sie werden aus dem Feld genommen und gegessen oder verarbeitet. Oder sie dienen dazu, dass im neuen Jahr wieder neue Kartoffelpflanzen aus ihnen wachsen.

Saatgutvermehrung in Österreich

Feld mit Kartoffelpflanzen | © Land schafft Leben

Etwa 1600 Hektar Kartoffelfelder gibt es in Österreich nur dafür, Kartoffeln zu vermehren und Saatgut zu erzeugen. Als Saatgut bezeichnen wir in diesem Fall jene Kartoffeln, die wieder ins Feld gelegt werden und dort neue Kartoffeln bilden. Das österreichische Saatgut wird fast ausschließlich von Genossenschaften produziert, die mit ihren Mitgliedern, den Bauern, Vermehrungsverträge abschließen. Von diesen ist die NÖS mit etwa 1300 Hektar die mit Abstand größte. Pro Hektar Vermehrungsfläche werden so etwa 20 Tonnen Kartoffeln erzeugt, aus denen im Jahr darauf viele weitere Kartoffel wachsen, die wir essen. Der Großteil des Saatguts wird im Inland vertrieben, ein Teil exportiert. Würde im Saatgut eine Krankheit stecken, wäre die Ernte schwer gefährdet.

Vorkeimen: Pflanze beginnt schon vor dem Anbau zu wachsen

Was man zuhause ungern hat, versuchen einige Bauern künstlich zu erreichen. Sie lagern Saatgut so, dass es schon vor dem Anbau austreibt. Vor allem bei Bio- und Frühkartoffeln ist diese Methode von Bedeutung. Dazu sorgen die Bauern drei bis fünf Wochen für die optimale Keimtemperatur und teilweise für Beleuchtung. Die Kartoffeln entwickeln erste Triebe, die sie am Feld weiter ausbilden. Der Vorteil des Vorkeimens ist, dass die Kartoffelpflanzen schon älter sind, wenn sie am Feld erstmals auf Schaderreger treffen. Zudem brauchen sie 8 bis 14 Tage kürzer bis zum Erntetermin.