Fünf weltweit agierende Zuchtunternehmen

Mann füllt Saatgut in Behälter hinter Traktor | © Land schafft Leben

Um Zuckerrüben gegen Schaderreger resistent und für den Anbau bestmöglich geeignet zu machen, braucht es die Züchtung. In Österreich werden etwa 15 bis 20 verschiedene gentechnikfreie Rübensorten gleichzeitig angebaut. So erreicht man eine Risikostreuung und kann für das jeweilige Gebiet die geeignetste Sorte anbauen. Gezüchtet werden die Rüben von fünf Zuchtunternehmen, die weltweit tätig sind. Die Züchter verkaufen Saatgut nach Österreich, woraus dann das Rübensaatgut produziert wird. Die AGRANA und die Rübenbauern betreiben eine eigene, nicht gewinnorientierte, kontrolliert gentechnikfreie Saatgutvermehrung.

Flächendeckend Gentechnik in Nordamerika

Weltweit wird laut transgen.de auf zehn Prozent der mit Zuckerrüben bepflanzten Fläche gentechnisch verändertes Saatgut eingesetzt, in Kanada und den USA sogar zu 100 Prozent. In Europa ist nur gentechnikfreies Saatgut zugelassen. Zucker aus gentechnisch veränderten Pflanzen müsste entsprechend gekennzeichnet sein, auch als Zutat, zum Beispiel in Schokolade. Dabei ist Gentechnik im Zucker transgen.de zufolge nicht nachweisbar. In Österreich kontrollieren unabhängige Kontrollstellen die Gentechnikfreiheit vom Saatgut bis zum fertig abgepackten Produkt. So erhält heimischer Zucker das grün-weiße Siegel “Ohne Gentechnik hergestellt”.

Aussaat immer früher möglich

Traktor fährt auf Feld | © Land schafft Leben

Die Aussaat erfolgt im März oder Anfang April. Der Trend geht in Richtung eines früheren Zeitpunktes. Vorteil eines früheren Termins ist mehr Ertrag. Andererseits ist das Risiko höher, dass Frostnächte die jungen Pflanzen schädigen. Die Aussaat erfolgt maschinell und in 6 bis 18 Reihen. Die Methode ist viel präziser als früher. Wichtig ist ein trockener Boden, allein schon um zu vermeiden, dass dieser zu sehr verdichtet wird. Die Hälfte bis zwei Drittel der Bauern setzen auf die Mulch- und Direktsaat, bei der vor dem Anbau keine Bodenbearbeitung stattfindet. Zur Aussaat setzen sie auf das Totalherbizid Glyphosat, statt das Unkraut mechanisch zu beseitigen, indem die oberste Bodenschicht bearbeitet wird. Bauern, die auf Glyphosat verzichten, sind auf diese Form der Bodenbearbeitung angewiesen. Sie macht den Boden für Erosion durch Wasser und Wind anfällig.

Breite Fruchtfolge und hoher Bedarf an Nährstoffen

Traktor steht halb in Zuckerrübenfeld | © Land schafft Leben

Kultiviert der Bauer zum Beispiel im Jahr 2017 auf einem Feld Zuckerrüben, baut er dort frühestens 2021 wieder Zuckerrüben an. Dazwischen setzen Rübenbauern üblicherweise auf Weizen, andere Getreidearten und Ölfrüchte. Kartoffel und Mais sind für den Anbau im Jahr vor der Zuckerrübe weniger geeignet. Kartoffel, die am Feld zurückbleiben, konkurrieren mit den Rübenpflanzen um Platz und Licht. Mais fördert einen Pilz, der Rüben angreift. Wichtig ist auch eine Gründüngung vor dem Rübenanbau, damit sich der Boden auf natürlichem Weg mit Nährstoffen und Humus versorgt. Zusätzlich dient die Begrünung der Bekämpfung von bestimmten Schädlingen, zum Beispiel Fadenwürmern. 

> HINTERGRÜNDE: Weg der Nährstoffe

Bio düngt mit Phosphor und Kompost

Bio-Bauern steht die breite Palette an präzisen Mineraldüngern nicht zur Verfügung. Sie dürfen Rohphosphate einsetzen und verwenden meist auch Kompost. Dieser enthält die Nährstoffe aus kompostierten Pflanzen, die aus der Landwirtschaft, von Grünanlagen und dem Bio-Abfall von Haushalten stammen. Bio-Bauern müssen den Boden mit langfristigen Maßnahmen auf den Rübenanbau vorbereiten. Sie haben auf ihren Feldern oft zwei Jahre lang Luzerne, die sich oft nur als Viehfutter vermarkten lässt und kaum Erlöse bringt. Sie erhöht den Gehalt an pflanzenverfügbarem Stickstoff im Boden und hat weitere Vorteile für die Bodenbeschaffenheit. Im Jahr nach der Luzerne bauen Bio-Bauern Weizen und im darauffolgenden Jahr Zuckerrüben an.

Pflanzenschutz

Um im Herbst eine erfolgreiche Ernte einzufahren, müssen die Bauern die Rüben vor Schaderregern und Pilzkrankheiten aller Art schützen. Es sind nur Pflanzenschutzmittel erlaubt, deren Wirkstoffe ein aufwändiges Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Pestizidrückstände im Zucker sind ausgeschlossen, weil es sich um eine reine Substanz handelt, die in der Verarbeitung von allen anderen Substanzen getrennt wird. Neben der Aufbringung von Pflanzenschutzmittel auf die Rübenpflanze sind das Behandeln von Saatgut mit Pestiziden und die Sortenwahl entscheidende Maßnahmen gegen Schädlinge und Krankheiten aller Art.

> HINTERGRÜNDE: Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel

Wettlauf mit dem Unkraut

Traktor und Arbeiter stehen auf Feld | © Land schafft Leben

Die Rübenpflanze wächst im Jugendstadium vergleichsweise langsam. Im Wettlauf gegen andere Pflanzen um Licht, Platz und Nährstoffe ist das ein entscheidender Nachteil. Die Bauern müssen den keimenden und heranwachsenden Rübenpflanzen helfen, indem sie gegen ihre Konkurrenten vorgehen. Dafür brauchen sie Herbizide. Im konventionellen Bereich sind drei Fahrten zum Ausbringen von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln zur Unkrautbekämpfung üblich. Die Herausforderung dabei ist, die Mittel so zu wählen, dass sie die Rübenpflanze selbst nicht schädigen. In der Bio-Landwirtschaft (Bild) ist der Aufwand zur Unkrautbekämpfung wesentlich höher. Da Herbizide nicht erlaubt sind, muss das Unkraut zwischen den Reihen maschinell und zwischen den Pflanzen händisch entfernt werden. Zwei bis drei Stunden Arbeitsaufwand pro Hektar und Anbausaison in der konventionellen Landwirtschaft stehen 200 Stunden im Bio-Bereich gegenüber. Bio-Bauern sind im Gegensatz zu konventionellen auf Saisonarbeitskräfte angewiesen. Diese kommen meist aus Nachbarländern. 

> Reizthema Glyphosat

“Wetterbericht” warnt vor Pilzbefall

Zuckerrübenfeld unter dicht bewölktem Himmel | © Land schafft Leben

Es gibt Pilze, die Rübenpflanzen befallen und diese schädigen oder vernichten können. Auch dagegen gehen die Bauern vor, um umfangreiche Ernteausfälle zu vermeiden. Die bedeutendsten Pilzkrankheiten sind die Cercospora-Blattflecken und Mehltau. Ob und wann Fungizide ausgebracht werden, richtet sich nach einem Frühwarnsystem. Es schlägt Alarm, wenn das Wetter einen Befall begünstigt. Dann fahren die Bauern aus und spritzen ein Mittel gegen die prognostizierte Pilzkrankheit. Das geschieht vor allem im Juli und August. Problematisch können Resistenzen sein, die Pilze gegen einzelne Wirkstoffe entwickeln. Dabei ist es wichtig, nicht immer mit demselben Wirkstoff und denselben Wirkstoff-Kombinationen zu arbeiten.

Möglichst gezieltes Bekämpfen von Schädlingen

Neben der Behandlung des Saatguts (wie im folgenden Absatz beschrieben) gibt es die Möglichkeit, schädliche Insekten mit einer Insektizid-Anwendung zwischen Aussaat und Ernte zu bekämpfen. Zum Beispiel werden so Blattläuse vernichtet. Gegen manche Schädlinge, etwa Fadenwürmer, gibt es kein Mittel. Bio-Bauern dürfen keine chemisch-synthetischen Insektizide anwenden und haben dementsprechend größere Verluste. Es gibt zwar biologische Mittel, diese sind aber sehr teuer, wirken nur begrenzt und werden kaum angewendet.

NEONICOTINOIDE NUN GÄNZLICH VERBOTEN

Eigentlich seit dem Jahr 2018 verboten, gab es für den Einsatz von Neonicotinoiden unter bestimmten Umständen immer wieder sogenannte Notfallzulassungen. Seit Anfang 2023 sind aber auch diese verboten, was die Landwirte vor große Herausforderungen stellt. Sie müssen nun auf weniger wirksame und aufwendig zu betreibende Pheromonfallen zurückgreifen, um die Rübenpflanzen vor Schädlingen wie Erdfloh und Rüsselkäfer zu schützen. Wie sehr sich diese Umstellung auf die Erträge auswirken ist noch unklar, aber größere Verluste werden befürchtet.

Wie wurden Neonicotinoide eingesetzt?

"Beizen" nennt sich der Vorgang, bei dem die Samenkörner der Zuckerrübe mit einer Schicht überzogen werden, die chemisch-synthetische Mittel gegen Insekten und Pilze enthält. Vor 2018 und seither immer wieder, wenn es eine Notfallzulassung dafür gab, enthielt diese Schicht unter anderem Neonicotinoide. Die Schicht schützt die jungen Rübenpflanzen davor, von Insekten gefressen und von Pilzen befallen zu werden. Im Bio-Bereich war das Beizen mit chemisch-synthetischen Mitteln bereits vor 2018 beziehungsweise 2023 verboten. 

Schädlich für Insekten: Fluch und Segen

Umweltschutzorganisationen machen Neonicotinoide mitverantwortlich für eine Reduktion der Artenvielfalt. Bauern weisen darauf hin, dass Neonicotinoide am Saatgut gezielt auf Schädlinge wirken und ein generelles Verbot im Rübenanbau Schädlingen wie Erdfloh und Rüsselkäfer Tür und Tor öffnen.

Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftssprecher von Greenpeace, sagt: “Das Problem bei Neonicotinoiden ist, dass es für eine ganze Reihe von Insekten giftig ist. (...) Das zweite Problem ist, dass sie von der ganzen Pflanze aufgenommen und verteilt werden.” Dass Neonicotinoide für Insekten giftig sind, ist nicht umstritten. Experten aus der Landwirtschaft betonen aber, dass sie im Rübenanbau nur beim Beizen des Saatguts verwendet wurde und die Wirkung bereits Mitte bis Ende Mai nachgelassen hätte. Neonicotinoide, so versichern uns die Experten aus der Landwirtschaft, wirken demnach nur auf Insekten, die die Saatkörner und die heranwachsende Pflanze fressen.

Eine Blüte entwickelt die Rübenpflanze bis zur Ernte nicht. Insekten wie Bienen, die sich nur für die Blüten interessieren, werden daher im Rübenanbau nicht gefährdet. Dass ein Ausbringen von Neonicotinoiden auf blühende Pflanzen weitreichende Folgen für Insekten und die weitere Nahrungskette haben würde, ist unbestritten.

Erntezeit

Die Zuckerrübe kommt in Österreich zwischen Mitte März und Mitte April ins Feld. Ab Mitte September bis Mitte November wird sie geerntet. Im Lager bleibt sie nur so lange bis sie zu Zucker verarbeitet wird. Der genaue Erntezeitpunkt wird dann nach Bedarf der Zuckerfabrik abgestimmt und die Planung innerhalb bäuerlicher Gemeinschaften organisiert. Diese Gemeinschaften sind wichtig, denn kein Bauer kauft nur für sich eine teure Erntemaschine. Sie werden gemeinschaftlich gekauft oder von einem Besitzer an mehrere Bauern verliehen.

BODENVERDICHTUNG DURCH ERNTEMASCHINEN

Die schweren Zuckerrüben-Erntemaschinen können den Boden unter Umständen verdichten und damit unfruchtbarer machen. Je feuchter der Boden zur Ernte, desto problematischer ist es. Ist das Feld nach Tagen und Wochen mit wenig Niederschlag trocken, kann es sein, dass gar keine Verdichtung entsteht. Rübenbauern achten “im Rahmen ihrer Möglichkeiten” auf den richtigen Erntezeitpunkt, denn der Boden ist ihr wichtigstes Kapital.

Bodenlebewesen fühlen sich wohl, wenn sie in einem luftigen, lockeren Boden Platz haben. Wurzeln, vor allem die für die Nährstoffversorgung der Pflanze wichtigen Feinwurzeln, können verdichtete Schichten schwer oder gar nicht durchdringen. Eine Verdichtung ist viel mehr als die sichtbare Reifenspur auf der Erde. Die großen Schäden entstehen unter der Oberfläche. Denn im Gegensatz zur Verdichtung im Oberboden ist eine Verdichtung im Unterboden nur sehr schwer korrigierbar und kann sich somit über mehrere Jahre und sogar Jahrzehnte negativ auf Bearbeitbarkeit und Ernteerträge auswirken.

 

Sorgfalt “im Rahmen des Möglichen”

20 Tonnen wiegt eine Rübenerntemaschine. Sie kann 20 Tonnen frisch geerntete Rüben transportieren, wiegt dann also rund 40 Tonnen. Das Erntefahrzeug ist so konstruiert, dass die Reifen nicht hintereinander in einer Spur fahren und doppelt verdichten. Besonders an der Stelle, wo die Rüben auf einen Traktoranhänger abgeladen werden, kommt im Laufe der Ernte immer wieder ein großer Druck auf den Boden. Bei der Wahl des Erntezeitpunktes spielt die Bodenfeuchtigkeit eine wichtige Rolle. Die Bauern verschieben den Erntezeitpunkt, wenn der Boden zu feucht ist. Zeitdruck und organisatorische Gründe spielen dem entgegen. Rübenbauer Lorenz Mayr sagt, man müsse als Bauer den Boden außerdem “fit machen”, damit er dem schweren Druck bestmöglich standhalte. Dazu brauche es viel organische Substanz, zum Beispiel gehäckseltes Stroh, zum Aufbau einer gesunden Humusschicht. Auch das Bepflanzen des Ackers im Winter, die so genannte Winterbegrünung, sei eine wichtige Maßnahme. 

> VIDEO: Wunderwelt Boden, Versuch Verdichtung

Der Vergleich der vergangenen Jahre zeigt ganz klar, wie sehr die Ernteerträge von Jahr zu Jahr schwanken. Das Wetter während einer Anbausaison ist wichtigster Faktor für die Entwicklung der Erntemenge. Pflanzenbau-Experte Gernot Bodner von der Universität für Bodenkultur schätzt, dass das Wetter 80 Prozent des Erfolgs ausmacht, die agrarische Praxis hingegen nur 20 Prozent.