In der Käserei
Milchverarbeitung
Bevor die Milch zu Käse weiterverarbeitet wird, unterläuft die weiße Flüssigkeit einige andere Verarbeitungsschritte. Welche Verarbeitungsschritte durchgeführt werden, hängt sowohl vom Endprodukt als auch vom Betrieb ab.
In der Molkerei wird die Lieferung auf Hemmstoffe überprüft. Das sind etwa Medikamentenrückstände, die von Kühen in die Milch gelangen, die mit Antibiotika behandelt wurden. Es herrscht hier eine Nulltoleranz, das heißt die Milch wird bei einem entsprechenden Nachweis entsorgt. Ebenso werden die Inhaltsstoffe wie Eiweiß oder Fett überprüft.
Die Wärmebehandlung der Milch erfolgt auf verschiedene Weisen. Grundsätzlich hat die Erhitzung zum Ziel, eventuelle Krankheitserreger vollständig abzutöten sowie andere Keime in der Milch zu reduzieren und damit eine mögliche Fehlgärung zu verhindern. Die Milch kann thermisiert, pasteurisiert, hocherhitzt oder ultrahocherhitzt werden. Die Verfahren unterscheiden sich in der Dauer der Erhitzung sowie in der Temperatur. Bei der Käseherstellung wird die Milch allerdings entweder thermisiert oder pasteurisiert, in wenigen Fällen wird auch hocherhitzt. Die Ultrahocherhitzung findet hingegen keinen Einsatz.
Einige Käsebetriebe verzichten auch gänzlich auf die Erhitzung.
Durch Fliehkraft trennen sich die Inhaltsstoffe der Rohmilch in Rahm und Magermilch. Anhand dieses Schrittes kann anschließend der Fettgehalt eingestellt werden, indem die gewünschte Menge an Rahm sprich Fett der Magermilch wieder zugefügt wird. Bei Rohmilchkäse von kleineren Käsereien wird der Fettgehalt nicht immer eingestellt, weshalb dann der Hinweis „Mit natürlichem Fettgehalt“ auf der Verpackung steht.
Eine Entkeimungszentrifuge, oder auch Baktofuge genannt, entfernt durch Zentrifugalkraft unerwünschte Mikroorganismen wie etwa Clostridien. Vor allem größere Betriebe wenden diesen Verarbeitungsschritt an. Das Baktofugieren verringert das Risiko von negativen Geschmacksbeeinflussungen oder Fehlgärungen. Das heißt, die Baktofuge oder auch die Mikrofiltration machen es möglich, dass aus Silagemilch auch länger gereifte Käsesorten wie Bergkäse hergestellt werden können.
Statt einer Baktofuge kann bei Weichkäse oder bei der Feta-Herstellung auch die Mikrofiltration eingesetzt werden.
Bei der Standardisierung wird der Magermilch so viel Rahm zugemischt, bis der gewünschte Fettgehalt erreicht ist. Überschüssiger Rahm wird abgesondert und etwa für Butter oder Schlagobers verwendet.
Meist wird die Milch nicht direkt nach dem Melken zu Käse weiterverarbeitet. In manchen Fällen geschieht dies erst nach ein bis zwei Tagen. Damit die Milch bis dahin nicht schlecht wird, wird sie kühl gelagert. Zusätzlich kann sie von wenigen Minuten bis zu einigen Stunden vorreifen. Dazu werden der Milch geringe Mengen an Säuerungskulturen zugesetzt, damit ist sie schonmal leicht angesäuert. Die angesäuerte Milch hat folgende Vorteile: Zum einen beschleunigt sich die Käseherstellung im Käsefertiger, weil das Säuerungsverhalten sowie die Dicklegungseigenschaften optimiert werden. Zum anderen sinkt der pH-Wert und mit ihm auch das Risiko der Entwicklung von unerwünschten Keimen.
Wie wird aus Milch Käse?
Schritt für Schritt gehen wir durch, was in der Molkerei beziehungsweise in der Käserei genau passiert, damit am Ende ein Käselaib oder Teile davon im Verkaufsregal liegt. Je nach Käsetyp und dessen Charakteristik variieren Herstellungsart und -prozess. Die Käserin respektive der Käser muss also schon ab den ersten Schritten wissen, welchen Käse sie oder er produzieren möchte.
Gerinnung der Milch
Nachdem die Milch die bestimmten Behandlungsschritte durchlaufen hat, wird sie weiterverarbeitet. Dafür landet sie bei kleineren Betrieben eher in einem offenen Käsekessel und bei großen in einem geschlossenen Käsefertiger. Sowohl der Kessel als auch der Fertiger sind unter anderem mit einem Rührwerk, einer Harfe – nicht das Instrument – sowie einer Heizung ausgestattet. Zunächst wird die Milch rührend auf etwas über 30 Grad erhitzt.
Ist die erwünschte Temperatur erreicht, werden der Milch die Säuerungskulturen sprich Milchsäurebakterien und wenn benötigt Kalziumchlorid oder Natriumnitrat zugesetzt. Durch die Säuerungskulturen sinkt der pH-Wert der Milch – sie wird also sauer. Ungefähr 30 Minuten später wird das Lab kurz eingerührt. Durch die erwärmte Milch sowie den niedrigeren pH-Wert wirkt das Lab optimal.
Grundsätzlich gibt es in der Käseproduktion zwei Formen der Gerinnung:
die Säure- und Süßgerinnung. Nur mehr wenig Käse wird in Österreich heute noch mit der Säuregerinnung hergestellt, deshalb gehen wir hier vor allem auf die Süß- beziehungsweise Labgerinnung genauer ein.
Für ungefähr 30 bis 45 Minuten ruht die Milch nun im Käsekessel oder -fertiger. Während dieser vermeintlich ruhigen Zeit passieren in der Milch eine Vielzahl an mikrobiologischen und chemischen Prozessen. Denn am Ende dieser Wartezeit trifft die Käserin oder der Käser auf die sogenannte Gallerte – so nennt sich die dickgelegte, puddingartige Milch. Doch was passiert genau? Kurz erklärt: Das im Lab enthaltene Enzym Chymosin schneidet zuerst das in der Milch enthaltene Eiweiß Kasein an einer bestimmten Stelle. Dadurch kann das Kalzium nun an diesem Kasein andocken, am anderen Ende der entstandenen Brücke wiederum ein anderes Kasein. So verbinden sich die Kaseinfraktionen miteinander. Diese neuen Verbindungen ziehen sich im dritten Schritt zusammen. Einerseits wird dadurch die Milch dick, andererseits löst sich das Wasser respektive die Molke.
Anhand einer Messerprobe kann die Käserin beziehungsweise der Käser prüfen, ob die Gallerte bereits dick genug ist. Eine glatte Bruchstelle ist ein gutes Zeichen, denn nun kann sie geschnitten werden.
Bruchschneiden
Beim Bruchschneiden kommt das zweite Instrument zum Zug: die Harfe. Mit dieser wird vorsichtig die Gallerte geschnitten. Das Bruchschneiden erfolgt heutzutage in der Regel maschinell. Früher passierte dies händisch.
Wie ein Messer gleitet die Harfe durch die Gallerte und schneidet sie in kleine, gleichmäßige Bruchkörner. Durch das Schneiden wird die Oberfläche vergrößert, wodurch Molke austritt. Je nach gewünschtem Käsetyp variiert aus diesem Grund auch die Größe des Bruches: Je kleiner der Bruch, desto härter der Käse.
„Größere Bruchkörner haben in Summe weniger Oberfläche und können dadurch weniger entmolken. Beim Weichkäse achtet man darauf, dass er saftig bleibt. Deshalb sind die Bruchstücke eher groß – ungefähr so wie eine Walnuss. Bei Hartkäse wird der Bruch circa auf die Größe eines Weizenkorns geschnitten“, so Franz Pernul, Käsemeister bei der Kärntner Milch.
Sobald der Bruch geschnitten ist, wird er erneut gerührt. Dadurch ziehen sich die Bruchkörner zusammen und noch mehr Molke tritt aus. Außerdem wird durch die ständige Bewegung ein Absetzen und Klumpen der Bruchkörner verhindert.
Nach dem Rühren wird vor allem Schnitt- und Hartkäse noch „gewaschen“. Aber nicht etwa mit Seife, sondern lediglich mit Wasser. Um den Laktosegehalt zu reduzieren, wird zunächst etwas Molke abgezogen und dann Wasser hinzugefügt. Durch das Wasser steigt der pH-Wert leicht. Durch den etwas höheren pH-Wert nehmen die Milchsäurebakterien wieder ihre Arbeit auf und bauen die Laktose weiter zu Säure ab. Mit dem Waschen wird deshalb Laktose entfernt. Denn entsteht zu viel Säure, kann der Käse am Ende säuerlich schmecken. Das Bruchwaschen kann auch den Käsegeschmack beeinflussen: Je stärker der Käse gewaschen wird, desto milder schmeckt er am Ende. Der Bruch für Frischkäse wird nicht gewaschen.
Überwiegend bei der Hartkäseherstellung wird der Bruch zusätzlich „gebrannt“: Um eine noch bessere Entmolkung zu erreichen, wird das Bruch-Molke-Gemisch auf bis zu 55 Grad erhitzt. Bei der Herstellung von Schnittkäse spricht man von „nachwärmen“: Da Schnittkäse nicht so viel Wasser verlieren soll wie Hartkäse, wird lediglich auf ungefähr 35 bis 45 Grad erwärmt. Da das Brennen mit höheren Temperaturen erfolgt, kann Hart- und Schnittkäse auch aus Rohmilch hergestellt werden. Im Rahmen des AMA-Gütesiegels darf jedoch aus Rohmilch lediglich Hart- und kein Schnittkäse hergestellt werden.
Abfüllen und Pressen
Das Abfüllen und Pressen entscheiden über die Form sowie über die Lochung eines Käses. Die Bruchmasse kann in runde oder eckige, kleinere oder größere Formen abgefüllt werden. So weit, so klar. Aber ob die Molke mitabgefüllt wird oder nicht, oder ob der Käse gepresst wird und warum, ist schon weitaus komplexer:
Wird die Masse ohne beziehungsweise mit wenig Molke abgefüllt, kommt es durch den Lufteinschluss zu einer sogenannten Bruchlochung. Wird der Käse dann noch mit leichtem oder Eigendruck kurz gepresst, entsteht eine sogenannte Schlitzlochung:
„Beim klassischen Tilsiter etwa werden die Bruchlöcher durch das Wenden und das Eigengewicht sozusagen gequetscht, weshalb die Löcher flacher beziehungsweise geschlitzter werden“, so Gerrit Woerle, Geschäftsführer der gleichnamigen Käserei.
Wird der Käse hingegen mit der Molke in die Formen gefüllt, resultiert daraus ein ziemlich geschlossener Käse. Teilweise wird der Käse zusätzlich gepresst, wobei die letzte Luft entweicht und der sogenannte Käseteig nur mehr vereinzelte Löcher aufweist.
Doch nicht jede Lochung entsteht mechanisch. Bei einigen Käsesorten, wie etwa beim Emmentaler, werden die Löcher während der Reifung durch die Kulturen – genauer gesagt den Propionsäurebakterien – ausgebildet. Diese CO2-Blasen sind dann sogenannte Gärungslöcher.
Salzen
Der grüne Käse, also der ungereifte, ist nach dem Pressen zwar bereits in seiner Endform, allerdings noch ziemlich geruchs- und geschmacksneutral. Damit sich das ändert, erhält er eine gehörige Portion Salz (Salzgehalt zwischen ein bis drei Prozent). Doch das „weiße Gold“ ist nicht nur wesentlich für den Geschmack, sondern auch für die Rindenbildung, die Haltbarkeit sowie die feste Konsistenz der Käsemasse.
Die häufigste Form, wie Käse gesalzen wird, ist das Salzbad. Die Käselaibe kommen in Wannen, in denen der Salzgehalt bei rund 20 Prozent liegt. Wie lange sie drinnen bleiben, ist vom Typ abhängig. Tendenziell gilt: Je kleiner, desto kürzer. So liegt Weichkäse nur bis zu einer Stunde und Hartkäse bis zu mehreren Tagen im Salzbad.
Statt dem Salzbad kann der grüne Käse auch trocken gesalzen werden, indem die Käseoberfläche regelmäßig mit Salz eingerieben wird. Eine andere Variante ist, das Salz direkt bei der Produktion zur Milch hinzuzugeben. Dies ist eher selten und wird – wenn dann – bei einzelnen Frischkäsetypen praktiziert.
Reifung
Mit der Reifung beginnt die Seele des Käses zu wachsen, denn während dieses Prozesses entstehen sortentypische Geruchs- und Geschmacksstoffe. Entsprechend komplex und vielfältig ist der Reifeprozess.
Doch der Reihe nach:
Nach dem Salzbad kommt der Käse in den sogenannten Reifekeller. Je nach Käsetyp und -sorte herrscht dort eine bestimmte Temperatur und eine relative Luftfeuchtigkeit. Ebenso vom Käsetyp abhängig ist die Reifungsdauer: Frischkäse reift gar nicht, Weichkäse zwischen zwei bis vier Wochen, Schnittkäse ungefähr vier bis zehn Wochen und Hartkäse kann schon mal bis zu sechs Monate oder gar Jahre im Reifekeller liegen. Generelle Regeln sind schwer auszumachen – lediglich eine ist unbestritten: Je härter der Käse, desto länger ist er gereift. Teilweise gibt aber auch der österreichische Lebensmittelkodex Richtlinien vor – so muss etwa ein Bergkäse mindestens drei Monate reifen.
Das regelmäßige Wenden ist ein wichtiger Arbeitsschritt, der bei der Reifung erfolgt. Der Käselaib wird immer wieder gewendet, damit sich die Löcher im Inneren sowie die Rinde gleichmäßig entwickeln. Zu Beginn der Reifung wird der Laib noch öfters gewendet und gepflegt. Dies nimmt dann mit zunehmender Reifedauer ab, bis zuletzt gar nichts mehr gemacht wird.
Während des Reifeprozesses passieren einige mikrobiologische, chemische und physikalische Vorgänge, wobei dem Abbau von Eiweiß die höchste Bedeutung zukommt. Während des Reifungsprozesses wird also Milcheiweiß zu den gewünschten Abbaustufen – von Aminosäuren bis zu Ammoniak – abgebaut. Und wie weiß die Käserin beziehungsweise der Käser, wann der Käse reif ist? Bei einer standardisierten Produktion wissen sie es in der Regel sehr genau. Der Käse wird aber trotzdem stichprobenartig angebohrt oder aufgeschnitten und auf Geruch und Geschmack geprüft.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Reifung haben außerdem die eingesetzten Kulturen. Bei der Reifung arbeiten die Bakterienkulturen, die zur Milch dazugegeben wurden und die, die während der Pflege auf den Käse geschmiert werden. Je nach Kulturen können sich diese entweder mit oder ohne Sauerstoff entfalten. Insofern wird zwischen einer aeroben und anaeroben Reifung unterschieden.
Die aerobe Reifung, also die, die Sauerstoff benötigt, geschieht überwiegend an der Oberfläche. Zu den eingesetzten Kulturen gehören Rotkulturen, Weiß-, Milch- sowie Blau- oder Grünschimmel. Diese werden auf der Oberfläche des Käselaibs aufgetragen und entwickeln sich auch nur dort, da sie ohne Sauerstoff nicht überlebensfähig sind. Die Rinde bildet sich also einerseits durch diese Kulturen sowie durch die optimalen Reifebedingungen wie etwa Luftfeuchtigkeit und Temperatur.
In Österreich ist vor allem bei Hartkäse sowie bei gewissen Schnittkäsesorten die Pflege mit Rotkulturen gängig. Der Käse wird während der Reifung immer wieder mit einem Gemisch aus diesen Kulturen, Wasser und Salz eingeschmiert beziehungsweise gepflegt. Durch das Abtrocknen dieser Flüssigkeit und der damit einhergehenden Reifung entsteht eine Rinde. Die Pflege kann händisch, aber auch mittels Roboter erfolgen.
Einige Käsesorten weisen aber auch im Inneren Blau- oder Grünschimmel auf. Der Trick ist ganz einfach: Diese Käseteige werden pikiert – mit Löchern versehen –, so dass auch im Inneren aerobe Verhältnisse herrschen und der Schimmel dort wachsen kann.
Zuletzt gibt es auch Käsesorten, die keine Rinde aufweisen. Diese reifen in Folie, Wachs oder künstlicher Rinde, weshalb nur eine anaerobe Reifung, sprich Innenreifung, erfolgt. In diesem Fall wird die Käse-Oberfläche auch nicht gepflegt.
Die anaerobe Reifung – die, die ohne Sauerstoff vonstattengeht – ist die sogenannte Innenreifung. Sie passiert also im Inneren des Laibs. Die Kulturen, die hierfür benötigt werden, werden bereits während der Käseherstellung der Milch hinzugefügt. Bei Gouda oder Edamer etwa sind es Milchsäurebakterien. Auch bei Sauermilchkäse sind es Milchsäurebakterien. Bei Käsesorten mit Gärungslöchern, also beispielsweise Emmentaler, sind es zusätzlich Propionsäurebakterien. Die Kulturen sind nicht nur für die Art der Reifung mitverantwortlich, sondern tragen auch ihren Teil zum Geschmack bei.
Natürlich gibt es auch Käse, der sowohl innen wie außen reift. Dazu gehört beispielsweise ein Raclette-Käse oder ein Bergkäse – diese reifen außen mit Rotkulturen und innen mit Milchsäurebakterien.
Affinage
Beim Affinieren ist es das Ziel, einen Käse zu veredeln und damit einen gewünschten Geschmack zu erreichen. Das Wort stammt aus dem Französischen und heißt übersetzt Verfeinerung oder Veredelung. Die Affineurin oder der Affineur kauft häufig einen bereits fertig gereiften Käse und veredelt diesen.
Die Affinage ist beispielsweise eine spezielle Oberflächenbehandlung. Eine der wohl bekanntesten affinierten Käse ist der Weinkäse, dessen Rinde nach der Reifung mit Wein übergossen wird. Ebenfalls kann ein Käse während oder nach der Reifung mit einer harmonischen Zutat affiniert werden, beispielsweise mit Kräutern versehen oder einem Malzbier übergossen.