Rohstoff Milch
Was ist in der Milch drinnen?
Je nachdem, mit welcher Milch die Käserin oder der Käser den Käse herstellt, unterscheiden sich auch die Inhaltsstoffe und entsprechend die Farbe sowie die Konsistenz des Endprodukts. Milch besteht in erster Linie aus Wasser, hinzu kommen Milchzucker, -fett, -eiweiß und zuletzt Vitamine sowie Mineralstoffe. Der Großteil des Wassers wird während der Käseherstellung von den restlichen Inhaltsstoffen abgetrennt – bei Frischkäse weniger, bei Hartkäse mehr. Auch der Milchzucker, sprich die Laktose, baut sich fast vollständig zu Milchsäure ab. Käse besteht am Ende also vor allem aus Milchfett, Milcheiweiß, Mineralstoffen wie Kalzium oder Phosphor sowie Vitamin A, B und andere.
Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Das Milcheiweiß besteht nämlich aus zwei verschiedenen Eiweißstoffen: zu 80 Prozent aus Kasein und zu 20 Prozent aus Molkenprotein (auch Molkeneiweiß).
Wie es der Name bereits verrät, ist für die Käseherstellung vor allem das Kasein relevant. Das Wasser, das bei der Käseherstellung entzogen wird, ist zudem nicht pures Wasser: Zusätzlich zu Mineralstoffen und Laktose beinhaltet es Molkenprotein, weshalb sich dieses Gemisch Molke nennt. Gehen wir darauf etwas genauer ein:
- Kasein: Das Kasein ist hitzestabil, weshalb es durch Hitze nur geringfügig verändert wird. Während der Labkäseherstellung spaltet das Lab das Kasein. Dadurch wird die Voraussetzung für die Vernetzung des Kaseins geschaffen. In Folge wird die Milch dick und die Käsemasse entsteht – die sogenannte Gallerte.
- Kalzium: Eine besondere Bedeutung unter den Mineralstoffen beim Käse hat das Kalzium. Nur mithilfe von Kalzium kann das Lab die Milch dicklegen. Infolgedessen ist Käse auch sehr kalziumreich. Außer Sauermilchkäse: Bei der Dicklegung von Milch mithilfe von Milchsäurebakterien löst sich das Kalzium vom Eiweiß ab und geht in die Molke.
- Molkenprotein: Käse enthält nur einen geringen Anteil an Molkenprotein, da das meiste davon in der Molke verbleibt. Molkenprotein hat grundsätzlich einen höheren Anteil an unentbehrlichen Aminosäuren als Kasein. Grundsätzlich kann die Molke in unterschiedlichen Produkten wie etwa für Kosmetika oder auch für Molkeneiweißkäse eingesetzt werden.
Kuh-, Ziegen- und Schafmilch
Käse ist nicht gleich Käse: Die Unterscheidung der unglaublich großen Auswahl an Käsesorten beginnt bereits bei der Milch, die von unterschiedlichen Tieren kommen kann.
So wird Käse aus Kuh-, Schaf-, Ziegen- oder Büffelmilch hergestellt, es gibt aber auch Mischkäse wie etwa aus Kuh- und Schafmilch. In Österreich dominiert der Käse aus Kuhmilch. Schaf- und Ziegenkäse sind hingegen eher Nischenprodukte. Käse aus Büffelmilch, zum Beispiel Mozzarella, genießt vor allem in Italien hohes Ansehen.
Ein Vergleich der Inhaltsstoffe
Hier ein kurzer Überblick, inwiefern sich die Milchinhaltsstoffe von Ziege, Schaf und Kuh unterscheiden und welche Auswirkungen diese auf den Käse haben:
Ziegen- und auch Kuhmilch haben einen relativ hohen Wassergehalt und beinhalten entsprechend weniger sogenannte Trockenmasse – also alle anderen Inhaltsstoffe, abgesehen von Wasser. Bei der Schafmilch hingegen sind diese Anteile höher. Für die Käseherstellung ist der Anteil der Trockenmasse entscheidend: Je höher dieser Anteil, desto mehr Käse kann ich herstellen. Aus diesem Grund ist die Ausbeute von Ziegen- und Kuhmilch geringer als jene von Schafmilch. Das heißt, aus derselben Menge Milch kann weniger Ziegen- und Kuhmilchkäse als Schafkäse produziert werden. Wie viel weniger, ist allerdings vom Käsetyp abhängig.
Gleichzeitig ist zu beachten, dass sich bei den Tierarten die durchschnittlich produzierten Milchmengen deutlich unterscheiden. Laut Statistik Austria sind durchschnittlich folgende Milchmengen pro Tier und Jahr zu erwarten:
- Kuh: 7.200 kg Milch pro Jahr
- Ziege: 674 kg Milch pro Jahr
- Schaf: 374 kg Milch pro Jahr
Allgemein enthält Ziegenmilch etwas weniger Fett als die der Kuh. Der Ziegenkäse wiederum ist zudem ganz weiß, während der von der Kuh eher gelblich erscheint. Das liegt am Beta-Carotin, einer Vorstufe des Vitamin A: Ziegenmilch enthält deutlich weniger dieser Vorstufe. Dafür enthält Ziegenmilch deutlich mehr Vitamin A.
Zuletzt verbinden einige Menschen mit Ziegenkäse einen starken Eigengeschmack. Das liegt am höheren Gehalt an Caprinsäure in der Milch.
Durch verbesserte Hygienestandards kann diese allerdings in Schach gehalten werden, wie Käser Manuel Metzler erklärt: „Zum einen hat sich das Stallklima verbessert: Trockene und eingestreute Liegeflächen mit viel Licht und frischer Luft sind wichtig. Zudem werden die Tiere heute mit der Maschine gemolken, weshalb die Melkhygiene besser ist als früher. Dasselbe gilt bei der Kühlung: Innerhalb kurzer Zeit ist die Milch heruntergekühlt. Früher wurde von Hand in einen Eimer gemolken und die Milch verweilte viel länger im Stall und nahm dadurch vermehrt den Stallgeruch an.“
Die Schafmilch hat im Vergleich zur Kuh- und Ziegenmilch einen höheren Eiweiß- und Fettgehalt. Der Aufbau der beiden Inhaltsstoffe ist allerdings bei Schaf- und Kuhmilch sehr ähnlich. Die unterschiedliche Milchzusammensetzung hat auch Einfluss auf ihre Verarbeitung zu Käse. So ist beispielsweise die Gallerte der Schafmilch deutlich fester als die von Ziegen- oder Kuhmilch. Auch der Gerinnungszeitpunkt tritt bei der Schafmilch früher ein.
Welche Milch verwendet die Käserin?
Milch spielt beim Geschmack von Käse eine wesentliche Rolle. Für die Käseherstellung kann entweder Rohmilch oder hitzebehandelte Milch verwendet werden. Eine weitere Unterscheidung ist jene nach der Art der Fütterung: Gras/Heu oder Silage. Welche Milch den „besseren“ Käse ergibt, ist unter Expertinnen und Experten hart umstritten. Beide Verfahren haben ihre Eigenheiten.
Rohmilch oder hitzebehandelte Milch
Milch, die direkt aus dem Euter der Tiere und unbehandelt konsumiert oder weiterverarbeitet wird, nennt man Rohmilch. Sie ist also naturbelassener und schmeckt entsprechend anders – arttypischer – als die hitzebehandelte. Indes besteht bei der Verarbeitung zu Käse ein größeres Risiko für eine Fehlproduktion, da mögliche Schadkeime erhalten bleiben.
„Üblicherweise wird die Milch bei der Verarbeitung zu Käse pasteurisiert. Dieser Schritt dient dazu, die mikrobiologische Sicherheit des Produktes zu erhöhen. Traditionelle gebrannte Hartkäse wie Österreichischer Emmentaler oder Österreichischer Bergkäse werden aber aus Rohmilch hergestellt, da bei der Käsung das Bruch-Molke-Gemisch auf Temperaturen über 48 Grad erwärmt – „gebrannt“ – wird und dies in Kombination mit der langen Reifezeit von mindestens drei Monaten einen der Pasteurisierung vergleichbaren Effekt auf die hygienische Sicherheit des Produktes hat.“ – Klaus Dillinger, Forschungsleiter und stellvertretender Direktor der HBLFA Tirol.
Doch nicht jeder Käse wird aus Rohmilch hergestellt, in vielen Fällen wird die Milch erhitzt.
Die Milch etwa für Frisch- und Weichkäse wird fast immer erhitzt, weil im Verarbeitungsprozess die Temperaturen nicht so hoch werden. Dadurch ist einerseits das Risiko, dass in der Produktion etwas schief geht, sehr hoch. Andererseits enthält das Endprodukt möglicherweise unerwünschte Schadkeime.
Zur Erhitzung der Milch gibt es verschiedene Verfahren, wobei die Dauer sowie die Temperatur variieren können. Meistens wird kurz auf höchstens 72 Grad erhitzt, sprich pasteurisiert. So können unerwünschte Schadkeime in der Milch auf ein Minimum reduziert werden – aber auch jene Mikroorganismen, die sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken können, geraten in Mitleidenschaft. Dadurch und durch weitere hygienische Maßnahmen während der Herstellung wird gewährleistet, dass sich nur die erwünschten Milchsäurebakterien im Käse entfalten. Außerdem verringert sich das Risiko einer möglichen Fehlproduktion, während sich die Chancen auf ein einheitliches Endprodukt erhöhen.
Es gibt auch die Möglichkeit, die Milch zu thermisieren. In diesem Fall wird diese nicht so hoch erhitzt wie beim Pasteurisieren, wodurch aber auch die Keimreduktion nicht so stark ist. Eher kleinere Betriebe sowie Direktvermarktungsbetriebe nutzen dieses Verfahren. Wurde die Milch thermisiert, muss dies auf der Verpackung stehen.
Bei einem Käse aus erhitzter Milch muss Kalziumchlorid beigemengt werden. Durch die Erhitzung wird das Kalzium nämlich in der Milch gebunden und steht deshalb nicht mehr für die Dicklegung zur Verfügung. Bei Rohmilchkäse ist die Zugabe von Kalziumchlorid nicht notwendig, weil das in der Milch vorhandene Kalzium für die Dicklegung noch verfügbar ist.
Zuletzt sagen Gourmetgaumen, dass die Milch und somit auch der Käse durch die Erhitzung etwas an ihrem typischen Geschmack verlieren.
Heumilch oder Silagemilch
Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit von Käse ist nach der Fütterung der Tiere – der Käse entsteht aus Milch von Kühen, die Heu oder Silage gefüttert bekommen haben. Die Deklaration auf der Verpackung ist nicht verpflichtend, allerdings wird Heumilch aus marketingtechnischen Gründen ausgewiesen: Steht also nicht Heumilch drauf, ist Silagemilch drinnen.
Kühe, die Heumilch geben, müssen in einem Jahr mindestens 75 Prozent Raufutter in Form von Gras oder Heu bekommen. Die Heumilchbäuerinnen und -bauern dürfen kein Futter silieren. Heumilch kann im Unterschied zur Silagemilch direkt zur Käseverarbeitung verwendet werden. Silagemilch wird vor ihrer Verarbeitung zu Käse in der Regel aufbereitet.
Die Herausforderung bei der Silagemilch sind die sogenannten Clostridien. Diese hitzetoleranten Bakterien kommen grundsätzlich überall vor – im Boden, in Ställen, im Verdauungstrakt von Mensch und Tier – und vermehren sich anaerob. Silage ist im Grunde unter Sauerstoffausschluss konserviertes Gras oder auch Mais und bietet somit eine optimale Umgebung für Clostridien. Deshalb ist in Ställen mit Silagefütterung der Clostridiengehalt höher und infolge erhöht sich auch das Risiko, dass diese aus der Umgebung in die Milch gelangen. Zwar sind in Heumilchställen diese Mikroorganismen ebenfalls zu finden, jedoch in geringerer Menge.
„Allgemein sind käsereischädliche Clostridien weder für den Menschen noch für Milchkühe krankheitserregend, sondern beschränken ihre zerstörerische Natur meist auf reifende Käselaibe. In Käse mit mehrmonatiger Reifungszeit – also vor allem in Schnitt- und Hartkäse – verursachen Clostridien eine Fehlgärung, die sogenannte Spätblähung. Grund ist das Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie beispielsweise der Sauerstoffausschluss durch die feste Rinde sowie der langsam ansteigende Salzgehalt. Die Blähung führt zu optischen und geschmacklichen Einbußen des Käselaibs wie etwa unerwünschten Rissen und Löchern sowie einem ranzigen Geschmack. Bereits wenige Clostridien in der Käsereimilch können starke Fehlgärungen verursachen“, erklärt Johanna Burtscher, Lebensmittelmikrobiologin an der BOKU Wien.
Um das Risiko einer Spätblähung zu verringern, kann die Milch vor der Käseherstellung entweder mithilfe einer Baktofuge oder Mikrofiltration oder mit Zusatzstoffen wie Natriumnitrat oder Lysozym behandelt werden.
Bei Frischkäse und Topfen sind Clostridien kein Thema, da diese im Normalfall vorher konsumiert werden und die Sporen in diesen Produkten keine idealen Bedingungen zum Wachsen vorfinden. Clostridien vermehren sich außerdem erst nach vier bis sechs Wochen.
Grundvoraussetzungen und Hygienemaßnahmen
Also nicht nur die Tierart, sondern auch die Rasse, die Tiergesundheit und die Fütterung haben Einfluss auf den Käsegeschmack. Entgegen der allgemeinen Annahme gibt es aber keine wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass sich auch die Haltung der Tiere auf den Geschmack der Milch auswirkt. Die Tierhaltung ist vielmehr eine ethische Frage.
Eine weitere bedeutende Grundvoraussetzung für einen qualitativ hochwertigen Käse ist Milch, die frei von Geruchs- oder Geschmacksfehlern sowie von Fremdstoffen ist und einen niedrigen Keimgehalt aufweist. Die Milch in einem gesunden Euter ist nahezu keimfrei – die Herausforderung ist, dass dies auch so bleibt. Um die Milch und auch den Käse möglichst frei von fremden Stoffen zu halten, spielt die Hygiene vom Stall über die Molkerei bis in den Reifekeller eine zentrale Rolle.
Es gibt drei wesentliche Bereiche, in denen die Hygiene relevant ist: die Stall-, die Betriebs- und zuletzt die Personalhygiene. Welche Faktoren beim Melken entscheidend sind, haben wir bei der Milch beschrieben.
In der Käseverarbeitung sind die Hygieneanforderungen für die Lebensmittelsicherheit von großer Bedeutung. Es gelten für alle Betriebe dieselben Hygienestandards, die vor allem für kleinere Betriebe bürokratisch aufwendig sind.
„Ist ein Käse einmal nicht gelungen, so liegt das in den meisten Fällen an mangelnder Hygiene – oftmals reichen Kleinigkeiten wie etwa eine zu geringe Menge an Reinigungsmittel“, so Lebensmitteltechnologe Martin Rogenhofer.
Aufgrund dessen müssen der Raum und die Geräte stets gereinigt und desinfiziert werden, was nicht nur einen hohen Arbeitsaufwand bedeutet, sondern wofür auch viel Wasser benötigt wird. Auch das Material der verwendeten Geräte (Kunststoff, Edelstahl oder Holz) und wie dieses gereinigt werden kann, sind wichtige hygienische Fragen.
Zur Personalhygiene: Bei Betrieben, die ihren Käse vor allem handwerklich herstellen, ist die Personalhygiene von besonderer Bedeutung. Deshalb vermindert etwa eine sorgfältige und regelmäßige Händereinigung und -desinfektion das Risiko, dass Mikroorganismen oder Krankheitserreger in den Käse gelangen. Auch die Kleidung ist vielerorts vorgeschrieben. Die Käserin oder der Käser muss beispielsweise die Kleidung wechseln, wenn sie beziehungsweise er von einem Reifungskeller mit Weißschimmel in einen mit Rotkulturen geht. Über die Kleidung könnten unerwünschte Reifungskulturen übertragen werden.
Bei Rohmilchkäse ist die Hygiene ein besonders entscheidender Faktor. Durch den Verzicht auf das Erhitzen der Milch können sich Keime wie etwa Listerien während der gesamten Käseherstellung und auch noch bei der Lagerung im Kühlschrank vermehren. Aufgrund dessen wird immungeschwächten Personen und schwangeren Frauen davon abgeraten, Rohmilchkäse zu konsumieren.