Ökologische Aspekte
Bei der Beleuchtung ökologischer Aspekte der Käseproduktion beziehungsweise seines Konsums muss sich der Blick zunächst auf die Milch richten. Da es sich bei Käse technisch gesehen um konzentrierte und eingedickte Milch handelt, werden die Umweltwirkungen des Käses zum weit überwiegenden Anteil durch die verwendete Milch und die Produktionsverfahren der vorgelagerten Milchviehbetriebe bestimmt.
Eine Darstellung wichtiger Nachhaltigkeitsaspekte der österreichischen Milcherzeugung findest du unter unserem Lebensmittelwissen „Milch“.
Wichtig ist, was die Kuh frisst
Von zentraler Bedeutung ist die Frage, wie die Futterration der Milchkühe – und auch des Milchkuh-Nachwuchses – zusammengesetzt ist. Es geht dabei vor allem um den jeweiligen Anteil an Gräsern und Kräutern (sogenanntem Grünfutter) auf der einen Seite sowie an „Kraftfutter“ auf der anderen Seite.
Kurz gesagt: Die Verfütterung von Gräsern und Kräutern, umgangssprachlich auch einfach als „Gras“ bezeichnet, bringt mehrere Vorteile mit sich. Dieses Futter wächst vor allem auf Dauergrünland, das in Österreich zum Teil schon seit mehr als tausend Jahren besteht und sich aufgrund von Klima, Böden und Topografie nur teilweise für den Anbau von Lebensmitteln wie Gemüse oder Getreide eignen würde. Wir Menschen können dieses zwar eiweißreiche, aber stark zellulosehaltige Grünfutter nicht verdauen. Durch den Umweg über den vierteiligen Wiederkäuermagen von Rindern, Schafen oder Ziegen wird diese nicht-essbare Biomasse in für Menschen hochverdauliches und wertvolles Eiweiß (auch Protein genannt) umgewandelt. Dieses hochverdauliche Eiweiß ist am Ende auch wesentlicher Inhaltsstoff des Käses.
Methan als wichtigster Einzelfaktor
Die Grasfütterung ist die natürliche, art- und – im Alpenraum – auch standortgerechte Art der Fütterung von Wiederkäuern. Ein Nachteil ist allerdings, dass während des Verdauungsprozesses in den Vormägen der Wiederkäuer – ebenfalls von Natur aus – klimaschädliches Methan freigesetzt wird. Methan-Moleküle können deutlich mehr Wärme aufnehmen als das wichtigste Treibhausgas CO2 und sind somit 27-mal so klimaschädlich. Sie stellen damit meist den größten Einzelposten aller Treibhausgase dar, die von einem Kilogramm Kuh-, Schaf- oder Ziegenmilch und dem daraus hergestellten Käse beziehungsweise dem Fleisch dieser Tiere verursacht werden. Methan wird daher meist als das zentrale Problem der Wiederkäuerhaltung betrachtet.
Immer mehr Forschende plädieren allerdings dafür, für dieses „Wiederkäuer-Methan“ neue Berechnungsansätze anzuwenden. Auch der Weltklimarat erwähnt an mehreren Stellen seines aktuellen Sechsten Sachstandsberichts (Stand: November 2022) einen entsprechenden Vorschlag. Folgt man diesem, erweist sich Methan als deutlich weniger klimaschädlich als bislang angenommen.
Die Begründung für eine mögliche Neubetrachtung liegt darin, dass sich Methan in der Atmosphäre nach rund zehn bis 15 Jahren wieder zu CO2 abbaut. Als solches kann es dann erneut von Pflanzen aufgenommen werden, die schließlich in einer nächsten Runde eines natürlichen Kohlenstoffkreislaufs von Rindern gefressen und verwertet werden können. In der Konsequenz bedeutet dies, dass eine konstant große Rinderherde langfristig – über ihren Methanausstoß – nicht zu einer weiteren Klimaerwärmung beitrüge, wenn man sie ausschließlich vom Grünland ernähren würde. Dies würde letztlich auch die Klimawirkung von Käse deutlich schmälern, wenngleich längst nicht ganz aufheben. Allerdings werden Rinder in der Praxis nur selten ausschließlich von Grünland ernährt.
Im Gegensatz zum vergleichsweise kurzlebigen Treibhausgas Methan setzen die Förderung und Verbrennung fossiler Treibstoffe wie Benzin, Diesel oder Erdgas Treibhausgase frei, die, im Fall von CO2, der Atmosphäre bereits vor vielen Millionen Jahren entzogen wurden. „Fossiles CO2“ steht daher außerhalb aktuell ablaufender Kreisläufe und erhöht den CO2-Gehalt der Atmosphäre gegenüber einem Zustand, wie er ohne Eingriffe durch Menschen gegeben wäre. Es kommt sozusagen „obendrauf“ und kann mitsamt seiner Wärmewirkung viele tausende Jahre in der Atmosphäre verweilen. Erdgas besteht vor allem aus Methan. Entweicht es unverbrannt aus Lecks, wie etwa Ende September 2022 aus den North-Stream-Leitungen in der Ostsee, dann trägt es unmittelbar zu einer kurzfristigen Klimaerwärmung bei.
Eine relevante Wirkung auf die Erderwärmung ergäbe sich durch eine rein von Grünland ernährte Rinderherde allerdings dadurch, dass man die Anzahl der Rinder verändert. Mit jedem zusätzlichen Tier wird mehr Methan freigesetzt. Da jedes Methan-Molekül Wärmeenergie aufnimmt, führt jedes weitere Tier unmittelbar zu einer Erwärmung der Atmosphäre. Schrumpft die Herde dagegen, wie dies in Österreich in den vergangen Jahrzehnten passiert ist, ergibt sich daraus ein direkter Netto-Kühlungseffekt. Dies liegt daran, dass in der Atmosphäre ständig Methan abgebaut wird. Jedes Molekül, das weniger nachkommt, führt somit unmittelbar zu einem Netto-Kühlungseffekt – auch wenn dieser vor dem Hintergrund der insgesamten Klimaerwärmung fast verschwindet.
Aber egal ob man nun der bislang gängigen Berechnungsmethode für das Methan aus der Wiederkäuer-Verdauung folgt oder einer neu vorgeschlagenen, noch längst nicht zum Standard erhobenen Sichtweise: die grundsätzliche Klimawirkung von Methan bleibt.
Grünland speichert Kohlenstoff und hilft der Artenvielfalt
Allerdings: zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsbewertung gehört mehr als „nur“ der Blick aufs Klima. Etwas mehr als die Hälfte des österreichischen Dauergrünlandes wird extensiv genutzt, das heißt weniger stark beweidet oder weniger häufig gemäht. Dies beschert den Flächen eine große Vielfalt von unterschiedlichen Pflanzen, Insekten und anderen Tieren. Diese Artenvielfalt ist sehr viel größer als in einem Szenario, bei dem das Grünland vollständig mit Wald, also der von Natur aus vorherrschenden, natürlichen Vegetation bedeckt wäre.
Der Boden unter dem Grünland speichert zudem große Mengen an Kohlenstoff, der dadurch nicht als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre entweichen kann. Sein Humus-Gehalt kann fünf bis zehn Prozent erreichen, der eines (mineralischen) Ackerbodens im günstigsten Fall drei bis vier Prozent. Würde man das Grünland in Äcker umwandeln, käme es zu einer enormen Freisetzung von CO2. Dies ist einer der Gründe, warum diese Art von Landnutzungsänderung innerhalb der EU weitgehend verboten ist. Unterschiedliche Antworten liefert die Wissenschaft zu der Frage, ob durch eine Umwandlung der Grünlandflächen zu Wald nicht noch deutlich mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden werden könnte. Fest steht lediglich, dass Nahrungsmittelproduktion dort dann nicht mehr möglich wäre.
Kraftfutter kostet und liefert Energie
Kraftfutter in Form von Getreide-, Raps- oder Leguminosensamen, wie Soja, ist reich an Stärke und Proteinen (im Fall der Leguminosen auch Fett) und wird hierzulande in unterschiedlich hohen Anteilen an Milchkühe verfüttert. Es liefert Energie in konzentrierter Form und steigert die Milchleistung der Kühe. Einerseits bringt ein höherer Milchertrag pro Kuh geringere Methanemissionen und damit weniger negative Klimawirkung pro Liter Milch, beziehungsweise pro Kilogramm Käse mit sich. Andererseits wächst das Kraftfutter auf Ackerland, wo grundsätzlich sehr viel weniger Kohlenstoff gebunden ist und wo unter anderem durch intensivere Düngung mit Stickstoff mehr Treibhausgasemissionen als durch Grünlandbewirtschaftung ausgelöst werden. Speziell die Düngung mit synthetischem Stickstoffdünger löst den Ausstoß beträchtlicher Mengen an Treibhausgasen aus, sowohl bei der sehr energieintensiven Produktion nach dem Haber-Bosch-Verfahren als auch durch Prozesse im Boden (wobei letzteres auch für organischen Dünger gilt).
Global betrachtet wird Kraftfutter, vor allem Soja, auch in Gebieten angebaut, wo noch immer kohlenstoffreiche und damit klimaschützende Naturflächen wie Savannen in Ackerland umgewandelt werden. Dies setzt in Südamerika große Mengen CO2 frei. Dem auf diesen Flächen wachsenden Futter werden daher besonders hohe Emissionen durch Landnutzungsänderung zugeschrieben. Speziell in der heimischen Milchviehhaltung spielen Futterimporte mit hoher Belastung durch Landnutzungsänderungen aber nur eine marginale Rolle, wofür es drei wesentliche Gründe gibt: Erstens bauen hierzulande die allermeisten Milchvieh-Betriebe einen großen Teil ihres Kraftfutters selbst an oder beziehen es aus Österreich oder anderen europäischen Ländern, wo Landnutzungsänderungen nicht oder kaum vorkommen. Zweitens wird Soja in der Milchviehhaltung in Österreich nur zu einem geringen Anteil verfüttert. Und drittens wird der vorhandene Bedarf an Soja seit einer branchenübergreifenden Vereinbarung der österreichischen Milchwirtschaft im Jahr 2010 durch gentechnik-freies Soja gedeckt. Da die Bohne in Südamerika weit überwiegend in Form von Gentechnik-Sorten angebaut wird, hat der Verzicht auf Gentechnik indirekt Belastungen des Milchvieh-Futters durch Landnutzungsänderungen so gut wie ausgeschlossen.
Landnutzungsänderungen wurden auch in Österreich und dem Rest Europas in Form von großflächigen Waldrodungen vorangetrieben. Da diese meist schon Jahrhunderte zurückliegen, werden sie bei gängigen Betrachtungen aber als abgeschrieben erachtet und heimischen Produkten nicht angelastet.
Generell gelten in diesem Zusammenhang zwei wesentliche Aussagen: Zum einen ist davon auszugehen, dass die Bewirtschaftung eines Hektars Ackerland normalerweise deutlich mehr Emissionen auslöst als die eines Hektars Grünland. Schließlich wird der Ackerboden – im Gegensatz zum Grünlandboden – meist wiederholt mit schweren Maschinen bearbeitet, intensiver mineralisch gedüngt und kann wegen phasenweise fehlender Durchwurzelung und Bodenbedeckung Nährstoffe weniger zuverlässig binden. Zum anderen gehen beim Umweg der Ackerfrüchte über den Tiermagen immer Kalorien und Proteine – und damit auch hineininvestierte Energie – „verloren“. Solche sogenannten Veredlungsverluste sind bei der Verfütterung von Getreide oder Soja unumgänglich und einer der wesentlichen Gründe dafür, dass pflanzliche Lebensmittel in aller Regel eine deutlich bessere Klimabilanz haben als tierische Lebensmittel. Gleichzeitig muss ebenso festgehalten werden, dass Teile des verfütterten Getreides, oder von Raps und Soja, Ware betreffen, für die der direkte Weg in den menschlichen Magen versperrt ist. Sei es zum Beispiel, weil man manche Bestandteile nicht essen kann oder weil es keine oder zu wenig Nachfrage dafür gibt. Beispiele sind etwa Weizenkleie (die bei der Mehlgewinnung ausgesiebten Kornbestandteile), Biertreber (Gerstenmalz-Reste) oder die Reste des Haferkorns, die bei der Herstellung von Haferdrink zurückbleiben. Ebenso für Rapsextraktionsschrot, der bei der Gewinnung von Rapsöl anfällt. Solche Koppel- und Nebenprodukte, auch als nicht-essbare Biomasse bezeichnet, über die Verfütterung an Nutztiere in Lebensmittel umzuwandeln, erscheint im Sinne einer nachhaltigen Nutzung vorhandener Ressourcen sinnvoll.
Auch in einer über Klimaaspekte hinausgehenden Nachhaltigkeits-Betrachtung, die Fragen der Biodiversität, ökonomische oder soziale Auswirkungen inkludiert, stellt die österreichische Milchwirtschaft, und damit auch die Käseproduktion, gesellschaftlich als wertvoll erachtete Güter und Werte bereit. Dazu gehört etwa die Kulturlandschaft als nicht nur touristisch wertvoller Erholungsraum; extensives Grünland, das vielen Arten Lebensraum bietet oder Arbeitsplätze im ländlichen Raum.
Die Milch im Käse und ihre Klimawirkung
Wenn es um die Nachhaltigkeit von Käse geht, dann wird derzeit vor allen anderen Aspekten meist seine Auswirkung auf das Klima diskutiert. Da Käse aus Milch gemacht wird, hängt seine Klimawirkung überwiegend von der Menge des enthaltenen Rohstoffs Milch sowie deren Produktionsweise ab. Ein geringer Anteil kommt durch die Verarbeitung zu Käse in den Molkereien hinzu. Hier muss im Zuge unterschiedlicher Verarbeitungsschritte mal gekühlt und mal erwärmt werden. Außerdem muss auch der fertige Käse kühl gelagert und transportiert werden, bis er schließlich in den Händen der konsumierenden Menschen landet.
Informationen über die Treibhausgasbilanz eines durchschnittlichen, in Österreich produzierten Liters Milch lassen sich an dessen CO2-Fußabdruck ablesen.
Der CO2-Fubabdruck als Maßzahl
Ein CO2-Fußabdruck ist eine Maßzahl zur Quantifizierung möglichst aller Treibhausgase, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines bestimmten Lebensmittels im In- und Ausland entstehen. Die Emissionsquellen, die im Rahmen sogenannter Ökobilanzierungen erfasst und berechnet werden, reichen von der Rodung eines Waldes über die Düngung und die Verdauung von Wiederkäuern bis zum Transport von Futter oder Milch oder der Kühlung des fertigen Käses im Supermarkt. Aber Achtung: Manche Berechnungen enden schon am Hoftor des landwirtschaftlichen Betriebes (Systemgrenze „farm gate“) und lassen jene Treibhausgase aus, die erst danach entstehen, also etwa durch Verpackung oder Kühlung.
Die in diesem Zusammenhang wichtigen Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O) und Methan (CH4) erwärmen die Erde unterschiedlich stark und „leben“ bis zu ihrem chemischen Abbau in der Atmosphäre unterschiedlich lange. Durch die Umrechnung in die einheitliche Maßeinheit der „CO2-Äquivalente“ werden sie auf einen einheitlichen Zeitraum von 100 Jahren umgelegt und vergleichbar gemacht. Laut den aktuellen Regeln der internationalen Klimaforschung entspricht ein Kilogramm CO2 einem CO2-Äqivalent von 1, während ein Kilogramm Methan 27 und ein Kilogramm Lachgas 273 CO2-Äquivalenten entspricht.
Der CO2-Fußabdruck (englisch: Carbon Footprint) spiegelt demnach die Gesamtwirkung aller Treibhausgase, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines Produkts ausgestoßen, mittels der Ökobilanzierung zusammengerechnet und in Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Produkt dargestellt werden.
Da unterschiedliche Lebensmittel verschieden hohe Nährstoffgehalte haben und für eine ausgewogene Ernährung unterschiedlich große Verzehrsmengen sinnvoll sind, ist immer auch die zusätzliche Bemessung in CO2-Äquivalenten pro 1.000 Kilokalorien oder pro 100 Gramm Eiweiß sinnvoll – also eine Umlegung der CO2-Äquivalente auf den Nährstoffgehalt eines Lebensmittels.
In der Regel handelt es sich bei CO2-Fußabdrücken um Durchschnittsangaben für bestimmte Produktionssysteme, Molkereien, Länder oder gar Staatenverbunde wie die EU. Die Systemgrenze kann am Hoftor enden oder an der Supermarktkasse. Der Faktor Landnutzung kann in unterschiedlicher Weise einbezogen sein.
Werner Zollitsch, Nachhaltigkeits-Experte vom Department für Nachhaltige Agrarsysteme an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien warnt in diesem Zusammenhang: „Vor allem bei internationalen Vergleichen von CO2-Rucksäcken, egal ob auf Sektoren oder auf einzelne Lebensmittel angewendet, muss man immer höllisch aufpassen und genau hinterfragen, was alles hineingerechnet wurde oder eben nicht. Hier werden häufig Äpfel mit Birnen verglichen.“
Eine große Vergleichsstudie der EU-Kommission
Eine der bislang umfassendsten und noch immer häufig zitierten Studien dazu wurde 2010 vom Wissenschaftsdienst der EU-Kommission (JRC) veröffentlicht. Darin wurde für jeden EU-Staat unter anderem auch der durchschnittliche CO2-Fußabdruck eines Kilogramms Milch (das entspricht fast genau einem Liter) berechnet. Milch aus Österreich kommt gemäß dieser Studie pro Kilogramm auf 1,0 kg CO2-Äquivalente, was dem niedrigsten Wert (gemeinsam mit Irland) aller 27 damaligen EU-Staaten entspricht. Zum Vergleich: Der EU-Schnitt lag bei 1,4 kg und Milch aus Deutschland bei 1,3 kg. Am emissionsintensivsten zeigte sich Milch aus Zypern mit 2,8 kg CO2-Äqivalenten.
Die Ursachen für die geringeren Emissionen österreichischer Milch
Die Ursachen für die vergleichsweise geringen Treibhausgasemissionen österreichischer Kuhmilch liegen in allgemein effizienten Produktionsmethoden und einem hohen Anteil an betriebseigener, vor allem grünlandbasierter Futterversorgung. Heimische Milchviehbetriebe importieren nur sehr wenig Futter, vor allem so gut wie nichts aus Regionen, wo dem Anbau des Futters häufig die Umwandlung von kohlenstoffspeichernden Naturflächen wie Savannen oder Regenwäldern vorausgeht. Dies spart größere Mengen an CO2-Emissionen ein (Stichwort: Landnutzungsänderungen).
Werner Zollitsch nennt einen weiteren Grund für die relative Vorzüglichkeit heimischer Milch:
„Die Intensität der Grünlandnutzung ist in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern im Durchschnitt niedriger, das heißt, dass auch weniger mineralischer Stickstoff-Dünger eingesetzt wird. Dies führt zu geringeren Treibhausgas-Emissionen aus dessen Erzeugung und nach seiner Ausbringung auf den Grünlandböden.“
Außerdem ist in Österreich die Rinderrasse „Fleckvieh“ weit verbreitet. Bei Fleckvieh handelt es sich um eine Zweinutzungsrasse, die sich genetisch sowohl für die Milch- als auch für die Fleischproduktion eignet. Dadurch lassen sich die bei der Milchproduktion zwangsläufig auf die Welt kommenden männlichen Kälber für die effiziente Rindfleischproduktion einsetzen, wodurch sich die Gesamtemissionen auf deutlich mehr Produktmenge (Milch und Fleisch) verteilen und die Pro-Kilo-Emissionen reduzieren.
Wendet man neuere Betrachtungsweisen im Hinblick auf die Methanemissionen der Wiederkäuer an, wie dies unter anderem vom Weltklimarat IPCC vorgeschlagen wird, dann zeigt sich der CO2-Fußabdruck österreichischer Milch um rund die Hälfte reduziert gegenüber der herkömmlichen und allgemein angewandten Betrachtungsweise.
CO2-Fußabdrücke von Käse
Für Käse lässt sich sagen: Je mehr Milch darin steckt, desto größer ist in der Regel sein CO2-Fußabdruck. Ein Kilogramm Hartkäse, hergestellt aus elf bis 13 Litern Milch, verursacht auf den ersten Blick also mehr Treibhausgase als ein Kilogramm Frischkäse, das aus vier bis sechs Litern Milch gemacht wird. Dabei muss man allerdings bedenken, dass der Mehrverbrauch an Milch auch zu einer höheren Nährstoffkonzentration im Hartkäse führt. Dieser enthält also weniger Wasser und dafür mehr Nährstoffe in Form von Eiweißen, Fett und anderem. Vergleiche, die sich lediglich auf den Fußabdruck pro Kilogramm Käse (oder jedes anderen Lebensmittels) beziehen, können daher leicht in die Irre führen. Ihre Berechtigung haben sie dennoch, da sie helfen, unterschiedliche Lebensmittel besser untereinander vergleichbar zu machen.
Die Grafik „Klimawirkung pro Kilogramm Käse“ zeigt globale Durchschnittswerte für den CO2-Fußabdruck verschiedener Käsesorten. Sie entstammen einer im Jahr 2022 veröffentlichten Studie, bei der Forschende, unter anderem der Universität von Oxford, die Umweltauswirkungen von 57.000 Lebensmitteln untersucht haben. Wohlgemerkt: Da Milch aus Österreich deutlich weniger Emissionen verursacht als im globalen Durchschnitt, liegt auch Käse aus Österreich deutlich unter den hier dargestellten Werten.
Zu erkennen ist, dass zum Beispiel Parmesan im globalen Durchschnitt, verglichen mit anderen Käsesorten, eine relativ große Klimawirkung hat, wenn man es pro Kilogramm Käse betrachtet. Wechselt man allerdings die Perspektive in Richtung Klimawirkung pro 100 Gramm darin enthaltenem Eiweiß, dann zeigt sich Parmesan aufgrund seines hohen Eiweißgehalts (34 Prozent) mit einem der geringsten Klimaabdrücke unter den hier dargestellten Käsesorten. Vergegenwärtigen muss man sich auch, dass Parmesan in aller Regel in deutlich kleineren Portionen konsumiert wird als etwa Mozzarella.
Aber warum zeigt sich Hüttenkäse bei beiden Betrachtungsweisen als „Spitzenreiter“? Dies dürfte daran liegen, dass ein Kilogramm Hüttenkäse zwar aus „nur“ vier bis fünf Litern Milch hergestellt wird, dieser aber im Produktionsverfahren über einen längeren Zeitraum bei 50 bis 55 Grad gebrannt wird, womit ein entsprechender Energiebedarf verbunden ist. Dadurch ergibt sich trotz vergleichsweise geringem Milchbedarf eine höhere Klimawirkung pro Kilogramm Käse. Aufgrund seines niedrigeren Eiweißgehaltes (14 Prozent) bleibt diese Wirkung auch erhalten, wenn man sie auf 100 Gramm Eiweiß umlegt.
Relevante Studien, die CO2-Fußabdrücke speziell für Käse aus Österreich berechnet haben, sind den von uns befragten Expertinnen und Experten nicht bekannt.
Was den CO2-Fußabdruck von Käse beeinflusst
Neben der Menge und der Produktionsweise der Milch wird die Klimawirkung von Käse auch von den Herstellungsprozessen in den Molkereien beziehungsweise Käsereien bestimmt. Allerdings spielt die Verarbeitung der Milch in puncto Emissionen eine deutlich untergeordnete Rolle im Vergleich zur Produktion der Milch. Laut der Datenbank Ecoinvent stammen, wie erwähnt, im globalen Schnitt rund 88 Prozent der Treibhausgasmenge des Weichkäses aus der Milch und zwölf Prozent aus den Verarbeitungsprozessen. In Österreich ist laut Brancheninformation das Verhältnis mit 90:10 ähnlich.
Die Unterschiede zwischen den Betrieben lagen vor allem an ihrer Größe. Größere Käsereien, die mehr Milch verarbeiteten, zeigten pro Kilogramm verarbeiteter Milch einen geringeren Energiebedarf als kleinere Betriebe. Dies ist mit dem so genannten Skaleneffekt erklärbar: Je größer die Menge einer produzierten Ware, desto geringer die (Energie-)Kosten pro Einheit. Vergleichbar ist dies mit einem Beispiel aus dem Personenverkehr: Auch ein vollbesetzter Bus verbraucht pro beförderter Person viel weniger Kraftstoff als ein Auto, obwohl der Bus absolut gesehen mehr Sprit benötigt als das Auto.
Einfluss auf die Umweltwirkung des Käses hat auch die Frage, ob eine Molkerei mit regenerativer oder fossiler Energie arbeitet. Zudem können Methoden wie eine sogenannte Wärmeschaukel den Energiebedarf generell reduzieren. Eine Wärmeschaukel nutzt etwa die Wärmeenergie, die beim Herunterkühlen von Molke in Form von Abwärme frei wird, um an anderer Stelle der Produktionskette Milch zu erhitzen.
Zielkonflikte: Klimaschutz versus Biodiversität
Ein hoher Anteil an Grünfutter, also an Grünland-Aufwuchs, statt etwa Getreide, das auf Äckern angebaut wird, ist grundsätzlich günstig in Sachen Klima. Voraussetzung dafür ist allerdings eine gute Qualität des Grünfutters, also ein möglichst hoher Eiweißgehalt. Dieser kann durch eine ausreichende Düngung gewährleistet werden. Damit das Eiweiß von den Tieren aber gut verdaut werden kann, muss das Gras relativ jung sein. Dies macht eine frühere und damit insgesamt häufigere Mahd erforderlich. Häufigeres Mähen und ausreichende Nährstoffversorgung fördern das Wachstum der Wiesen und liefern gut verwertbares, eiweißreiches Futter.
Häufiges Mähen und starkes Düngen schmälern die Artenvielfalt
Gleichzeitig erlangen durch häufigeres Mähen wenige Pflanzenarten, vor allem Gräser, durch schnelleres Wachstum einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Pflanzen, die artbedingt nicht zu schnellerem Wachstum fähig sind. Letztere werden dann durch die schnellwachsende Konkurrenz unterdrückt, die Licht, Wasser und Nährstoffe an sich reißen und allmählich für das Verschwinden zahlreicher Arten sorgen. Aus diesem Grund sind intensiv genutzte, das heißt häufiger gemähte und stärker gedüngte Grünlandflächen zwar vorteilhaft für eine klimaeffiziente Milchproduktion, aber nachteilig für die Biodiversität der Kulturlandschaft. Intensiv genutztes Grünland ist laut Studien unter anderem auch ein wesentlicher Faktor beim Rückgang von Insektenvorkommen in Agrarlandschaften.
Heumilch: Spezialfall in Sachen Klima
Bei der Produktion der sogenannten Heumilch verzichten die Milchviehbetriebe auf die Verfütterung von Silage und müssen mindestes 75 Prozent an Grundfutter, also Gras oder Heu, in der Futterration ihrer Kühe gewährleisten. Abseits der Heumilch-Produktion gibt es bezüglich des Verhältnisses von Grundfutter zu Kraftfutter, mit Ausnahme der biologischen Produktion, keine Vorgaben. Bei Heumilch wirkt sich der geringere Anteil von Ackerfrüchten (Kraftfutter) in der Futterration aus oben genannten Gründen positiv aufs Klima aus.
Allerdings verpufft ein Teil dieser positiven Wirkung wieder, wenn bei der Heuproduktion sogenannte Heutrocknungsanlagen zum Einsatz kommen – vor allem, wenn diese mit fossiler Energie betrieben werden. Dabei wird das noch nicht fertig getrocknete Gras innerhalb der Betriebsgebäude mit Wärmeenergie zu Ende getrocknet. Der Vorteil liegt in geringeren Verlusten wertvoller Futterbestandteile sowie in einer besser plan- und kontrollierbaren Futterproduktion im Vergleich zur traditionellen, natürlichen Trocknung des Grases auf dem Boden der Wiesenflächen. Allerdings: Selbst, wenn die Wärme für die maschinelle Heutrocknung mittels regenerativer Energie bereitgestellt wird, wären die Trocknung des Heus in der Sonne oder, alternativ, die Konservierung des Grases als Silage weniger energieaufwändig und damit für sich betrachtet klimafreundlicher. Auch Stefan Hörtenhuber von der BOKU sieht Licht und Schatten:
„Die Erzeugung von Heumilch kann eine Reihe von Pluspunkten bringen. So nutzen diese Betriebe das Grünland im Durchschnitt etwas weniger intensiv in puncto Mähhäufigkeit und Düngung, wodurch sich Vorteile etwa für die Biodiversität ergeben. Auf der anderen Seite verursacht eine Tonne Heu aus der Trocknungsanlage 25 Prozent mehr Treibhausgase als eine Tonne sonnengetrocknetes Heu.“
Während der künstlichen Trocknung des Heus gehen allerdings auch geringere Anteile an Blattmasse verloren, sodass Energie- und Eiweißgehalt des Futters durchschnittlich höher sind. Dies relativiert die Nachteile künstlicher Trocknung wieder.
Ist Bio-Käse nachhaltiger?
Bei der Bewertung der allgemeinen Nachhaltigkeit, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte umfasst, kommt es stets darauf an, welchen Teilaspekt man betrachtet und wie man diese in der Gesamtschau gewichtet. Wenn etwa die Möglichkeit, Bio-Milch und Bio-Käse zu einem Mehrpreis zu verkaufen, zum Erhalt sozialer, bäuerlicher Strukturen in ansonsten wirtschaftsschwachen Regionen beiträgt oder den Erhalt von extensiv bewirtschaftetem und artenreichem Grünland sichert, dann schlägt sich dies positiv im Sinne der Nachhaltigkeit nieder. Wenn hingegen kleinere (Bio-) Käsereien pro Kilogramm produziertem Käse mehr Energie aufwenden und so den CO2-Fußabdruck ihrer Produkte im Vergleich zu jenen aus größeren Betrieben vergrößern, dann wirkt sich dies nachteilig aus.
Eine abschließende Antwort auf die Ausgangsfrage ist schwer zu finden und hängt von den zugrundeliegenden Annahmen ab. Ganz generell zeigt die Bio-Landwirtschaft bezogen auf die jeweils bewirtschaftete Fläche Vorteile, da zum Beispiel durchschnittlich weniger Treibhausgase ausgestoßen werden, weniger Stickstoff ausgewaschen wird, weniger Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden und auf den Flächen im Schnitt mehr Arten Lebensraum finden. Aufgrund geringerer durchschnittlicher Erträge und eines daraus resultierenden höheren Flächenanspruchs können sich diese Vorteile bei einer Betrachtung pro Einheit eines Ernteguts aber auch wieder kompensieren.
Mehr zu diesem Thema findest du hier.
Bio-Milch: unterschiedliche Bewertungen
Wenn man speziell auf Milchviehbetriebe in Österreich schaut, die, wie erwähnt, den Löwenanteil zumindest der ökologischen Wirkungen der Käseproduktion bestimmen, dann sieht Stefan Hörtenhuber vom Department für Nachhaltige Agrarsysteme an der BOKU mehrere Vorteile auf Seiten der biologischen Produktion. Diese unterscheidet sich unter anderem in einem Verzicht auf energieaufwändig produzierte synthetische Stickstoffdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel beim Anbau der Ackerfrüchte. Im Grünland (also auf Weiden und Wiesen) wird auch in konventionellen Betrieben nur in seltenen Ausnahmesituationen Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Synthetischer Stickstoff kommt hier in begrenztem Umfang zum Einsatz, es dominiert, wie bei Bio-Betrieben, die Grünlanddüngung mittels organischem Wirtschaftsdünger (Mist und Gülle).
Hörtenhuber veröffentliche bereits 2010 eine Studie, in der er vier konventionelle und vier biologische Milchvieh-Systeme in Österreich bezüglich ihrer Klimawirkung verglich. Die Studie zeigt, dass die Treibhausgas-Emissionen pro Liter Milch bei Bio um durchschnittlich elf Prozent geringer ausfielen als bei Konventionell (Systemgrenze Hoftor). Zwar zeigten letztere einen höheren jährlichen Milchertrag pro Kuh, was generell mit einem treibhausgas-reduzierenden Effekt einhergeht. Allerdings glichen die konventionellen Betriebe dieser Studie die Vorteile der ökologischen Produktion, die auch mit weniger Inputs auskommt, nicht aus.
„Die Produktion von Bio-Milch zeigt nicht nur in Sachen Klima Vorteile, sondern auch in den Bereichen wie Biodiversität sowie Boden- und Wasserschutz. Zudem können Bio-Milchbetriebe ein höheres Einkommen und mehr Wertschöpfung generieren“, so Hörtenhuber gegenüber Land schafft Leben.
Wie wirken geringere Erträge?
Andere Forschende kommen etwa bei der Klimawirkung der Milchproduktion zu anderen Ergebnissen. Eine Studie des IFEU-Instituts Heidelberg etwa kommt für in Deutschland produzierte Bio-Milch, bis einschließlich ihrer Verarbeitung und des Transports (Systemgrenze Ladentheke), auf Treibhausgasemissionen von 1,7 Kilogramm CO2-Äquivalente. Der Liter Bio-Milch liegt demnach um 0,3 Kilogramm CO2-Äquivalente über dem Liter konventioneller Milch, der laut Studie in Deutschland durchschnittlich 1,4 CO2-Äquivalente verursacht.
Konventionellen Käse beziffert die Studie mit 5,7 Kilogramm, Bio-Käse mit durchschnittlich 7,2 Kilogramm CO2-Äquivalenten. Der Grund für das schlechtere Abschneiden von Bio in dieser Studie liegt vor allem an einer anderen Gewichtung und Bewertung der geringeren Bio-Erträge. Vereinfacht gesagt wird einkalkuliert, dass diese geringeren Erträge beziehungsweise der höhere Flächenbedarf der Bio-Produktion indirekt den Druck auf die (globalen) Landflächen erhöhen. Dies führt gemäß dieses Ansatzes dazu, dass für jede Tonne Lebensmittel, die ein Bio-Betrieb weniger liefert, irgendwo auf der Welt zusätzliche Naturflächen zu Agrarflächen umgewandelt oder vorhandene Agrarflächen intensiver genutzt werden. Die dadurch vermehrt ausgestoßenen Klimagase übertreffen dieser Studie nach also die Einsparungen bei der Bio-Produktion.
Der Wasserbedarf bei der Käseproduktion
Im Zusammenhang mit Käse wird immer wieder auch das Thema „Wasser“ diskutiert. Teilweise werden dabei überraschend hohe Werte als angeblicher „Wasserverbrauch“ genannt. Zugrunde liegen solchen Werten Berechnungen des sogenannten Wasserfußabdrucks. Bei der Verwendung entsprechender Zahlen kommt es häufig zu irreführenden Fehlinterpretationen. Ohne Kenntnis über die höchst unterschiedlichen Bestandteile eines Wasserfußabdrucks ist es unmöglich, diesen auf sinnvolle Weise als Maßstab für eine Nachhaltigkeitsbewertung von Milch, Käse oder anderen Lebensmitteln einzusetzen.
Grundsätzlich wird Wasser durch Nutzung in Haushalten, Industrie und Landwirtschaft nicht „verbraucht“, da das Wasser auch nach der Nutzung Wasser bleibt. Allerdings kann es verschmutzt oder für eine unmittelbare Folgenutzung unbrauchbar gemacht werden. Das Wasser, das beispielsweise eine Kuh getrunken hat, kann unmittelbar nicht noch einmal getrunken werden. Es wandert zunächst, vor allem über Atemluft und Urin, in die Umwelt und durchläuft den natürlichen Wasserkreislauf, bevor es erneut Trinkwasserreserven befüllen kann.
In vielen Erdregionen ist Wasser ein knappes Gut. Selbst dort, wo Wasser grundsätzlich ausreichend vorhanden wäre, kann sauberes Trinkwasser knapp oder gar nicht verfügbar sein. Österreich ist aufgrund seiner natürlichen Gegebenheiten grundsätzlich ein wasserreiches Land. Auch der Klimawandel hat bislang nicht zu einer Veränderung der jährlichen Niederschlagsmengen geführt. Allerdings verteilen sich die Niederschläge zunehmend ungleichmäßig über das Jahr, sodass es immer häufiger zu (regionalen) Trockenperioden kommt, die die Landwirtschaft vor wachsende Herausforderungen stellen. Flächendeckende Trinkwasserknappheit lässt dies aber nicht unmittelbar erwarten.
Käse und „virtuelles Wasser“
Das Konzept des „virtuellen Wassers“ soll dabei helfen, die Bedeutung von Frischwasser bei der Produktion von Gütern zu verdeutlichen. Gemäß des Konzepts umfasst die Menge des virtuellen Wassers die aufsummierte Wassermenge, die über den gesamten Herstellungszyklus eines Produkts direkt oder indirekt genutzt wird. Das genutzte virtuelle Wasser wird dabei in drei Kategorien unterteilt:
- Blaues Wasser: Wasser, das technisch gewonnen wird. Es kann aus Grundwasser- oder Oberflächengewässern, in manchen Ländern auch aus Meerwasserentsalzungsanlagen stammen. Blaues Wasser wird für die künstliche Bewässerung von Nutzpflanzen, für Viehtränken oder innerhalb von Verarbeitungsprozessen zum Auswaschen von Produktanteilen oder zum Reinigen von Anlagen und Räumen genutzt.
- Graues Wasser: Das ist die Wassermenge, die im Zuge der Herstellung eines Produkts qualitativ so beeinträchtigt beziehungsweise verschmutzt wird, dass sie nicht mehr uneingeschränkt für andere Zwecke nutzbar ist.
- Grünes Wasser: Die Menge des Regenwassers, die von Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen wird. Nur ein verschwindend geringer Teil davon ist zum Zeitpunkt der Ernte oder des Abweidens durch Tiere in den Pflanzen gespeichert. Fast die gesamte Menge wird während der Vegetationsperiode von den Pflanzen aufgenommen, für den Transport von Nährstoffen im Pflanzeninneren genutzt und schließlich wieder verdunstet, also an die Atmosphäre abgegeben.
Die errechnete Menge des virtuellen Wassers wird in der Kommunikation häufig in Form des sogenannten Wasserfußabdrucks verwendet. Dieser lässt sich etwa für Produkte oder Unternehmen darstellen oder als durchschnittlicher Wasserbedarf pro Person (Pro-Kopf-Kennzahl).
Da die Größe des Anteils des grünen Wassers vom Witterungsverlauf am jeweiligen Standort abhängt, kann diese im Prinzip nicht beeinflusst werden. Zudem fällt grünes Wasser ohnehin vom Himmel und wird im Zuge seiner Nutzung wieder an die Atmosphäre abgegeben. Es handelt sich in diesem Zusammenhang daher nicht um eine Ressource, die sich durch sparsames Verhalten schonen ließe – im Gegensatz etwa zu potenziell knappem Trinkwasser, das gefördert, transportiert und unter Umständen aufbereitet werden muss. Eine Publikation des Landwirtschaftsministeriums zu virtuellem Wasser aus dem Jahr 2021 bringt dies wie folgt auf den Punkt:
„Bei der Betrachtung des Wasserfußabdrucks selbst ist es somit von wesentlicher Bedeutung, ob es sich in der landwirtschaftlichen Produktion überwiegend um grünes, blaues oder graues virtuelles Wasser handelt. Aus Überlegungen zur Verfügbarkeit können bestimmte Wasserbedarfe in unterschiedlichen Regionen akzeptabel sein oder auch nicht. Zumindest für Österreich sind (...) die regional verfügbaren Grundwasserressourcen bekannt und können dem Wasserbedarf gegenübergestellt werden. Dabei zeigt sich, dass die gegenwärtigen Nutzungen aus dem Grundwasser nachhaltig gedeckt werden können."
Allerdings könnte sich diese Situation mit dem Klimawandel regional ändern: „Für den Zeithorizont 2050 ergeben sich je nach betrachtetem Klimaszenario für einige Regionen mögliche Zustände, in denen ein sehr hoher Ausnutzungsgrad wahrscheinlich ist“, erklärt das Ministeriums-Dokument.
Der Käse und sein Wasserfußabdruck
Ähnlich wie bei der Treibhausgasbilanz wird der Wasserfußabdruck von Käse vor allem durch die Milch bestimmt. Dass bei der Produktion von Käse mehr Wasser genutzt wird als bei der Milchproduktion, ergibt sich allein aus der Tatsache, dass für die Herstellung eines Kilogramms Käse durchschnittlich zehn Liter Milch erforderlich sind – wobei die Mengen zwischen vier Liter für Frischkäse und bis zu 13 Liter für Hartkäse variieren.
Mehr dazu siehe hier.
Mit dieser Milch lassen sich entsprechend beträchtliche Mengen grünen Wassers anrechnen, wobei dies, aus genannten Gründen, wenig sinnvoll erscheint.
Bezüglich der technisch gewonnenen Wassermenge (blaues Wasser) spielen die Hygieneanforderungen innerhalb der Molkereien eine besondere Rolle. Anlagen, Maschinen und die arbeitenden Menschen müssen sich regelmäßiger Reinigung und Desinfektion unterziehen, wozu relativ große Wassermengen erforderlich sind. Ähnlich wie beim Energieeinsatz kommen auch hier Skaleneffekte zum Tragen, sodass die Menge des pro Kilogramm eingesetzten Reinigungswassers mit wachsender Käse-Produktionsmenge tendenziell kleiner wird. Zum Teil wird das benutzte Wasser auch von den Molkereien gereinigt und wiederverwendet.
Laut der Veröffentlichung „Virtuelles Wasser 2021“, die vom Landwirtschaftsministerium beauftragt und von Forschenden der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) erstellt wurde, variiert der durchschnittliche Wasserfußabdruck des weltweit produzierten Käses je nach Herkunft zwischen 1.800 und 8.800 Liter pro Kilogramm Käse, wobei der globale Durchschnitt 5.060 Liter beträgt. Die Zahlen gehen auf eine Studie aus dem Jahr 2010 zurück und beziffern den Wasserfußabdruck von Käse, der in Österreich produziert wird, auf 2.350 Liter pro Kilogramm Käse. Von dieser Gesamtmenge fallen 1.970 Liter auf den natürlichen Wasserdurchsatz aus Regen und Schnee, 380 Liter machen technisch gefördertes Wasser aus.
Wichtig: Die Größe der Wasserfußabdrücke beruhen zum Teil auf Annahmen und hängen wesentlich von der Produktionsregion der Milch ab beziehungsweise von der dortigen Jahresniederschlagsmenge sowie von den molkerei-spezifischen, individuellen Produktionsverfahren der unterschiedlichen Käsesorten. Eine weitere Einflussgröße ist die Frage, was mit der Molke passiert und wie viel des Wasserfußabdrucks diesem unweigerlich anfallenden Nebenprodukt angelastet wird. All dies kann erklären, warum der hier exemplarisch dargestellte Wasserfußabdruck für Käse rein rechnerisch nicht genau zu dem Wasserfußabdruck passt, den wir hier für Milch dargestellt haben.
Der Wasserbedarf Österreichs
In Österreich beläuft sich der gesamte Jahresbedarf an technisch gewonnenem (blauem) Wasser auf rund 3,1 Milliarden Kubikmeter oder 3,1 Kubikkilometer. Dies entspricht rund sechs Prozent des Wasservolumens des Bodensees. Dieser Gesamtbedarf wird laut Landwirtschaftsministerium zu 60 Prozent aus Oberflächengewässern (Flüsse, Seen) und zu 40 Prozent aus dem Grundwasser (Brunnen und Quellen) gedeckt. Die Grafik "Wasserbedarf Österreichs nach Nutzungskategorien" zeigt den Wasserbedarf in Österreich nach Sektoren, wobei sich das blaue Wasser für die Käseproduktion hier in den Sektoren „Landwirtschaft“ sowie „Industrie und Gewerbe“ wiederfindet. Achtung: Andere Statistiken beziehen sich allein auf die öffentliche Wasserversorgung beziehungsweise die Trinkwassermenge. Diese wird in Österreich vollständig aus dem Grundwasser gewonnen, stellt aber nur einen Teil des gesamten Bedarfs an blauem Wasser dar.
Die Ziege in trockenen Regionen
Übrigens: In Regionen mit weniger üppiger Vegetation werden traditionell mehr Schafe und Ziegen statt Rinder gehalten. Schafe vertragen Regen besser als Ziegen und leben etwa in Heide- oder Moorlandschaften der Britischen Inseln. Ziegen kommen besser mit Wassermangel und Hitze klar, wobei beide Nutztierarten auch im Mittelmeerraum weit verbreitet sind. Daher wird hier auch besonders gerne Schaf- und Ziegenkäse verspeist. Beide Arten gehören wie Rinder zu den Wiederkäuern. In puncto Futter und Wasser sind vor allem Ziegen genügsamer als Rinder. Sie ernähren sich auch von Blättern oder Dornengestrüpp und können ganze Landschaften kahlfressen. Die Überweidung durch Ziegen trägt daher in manchen Weltregionen zur Wüstenbildung bei.
Ziegen und Schafe haben, auch aufgrund ihrer geringeren Körpergröße, einen verminderten Wasserbedarf, liefern aber auch weniger Milch (und Fleisch). Ihre geringeren Ansprüche bedingen, dass sich die Tiere zur Nutzung begrenzter Ressourcen auf engerem Raum eignen. Im deutschsprachigen Raum galt die Ziege in vergangenen Jahrhunderten als die „Kuh des kleinen Mannes“.
In Österreich werden zwar ebenfalls Schafe und Ziegen gehalten und somit auch die entsprechende Milch sowie Käse vermarktet, allerdings spielen jene Lebensmittel eher eine untergeordnete Rolle.
Welche Rolle spielt die Verpackung?
Im Allgemeinen werden die Umweltwirkungen der Verpackung von Lebensmitteln häufig überschätzt beziehungsweise deren Nutzen unterschätzt. Laut der vielfach zitierten Studie von Poore und Nemecek zu den Umweltwirkungen von Lebensmitteln aus dem Jahr 2018 stammen von der Verpackung im globalen Durchschnitt fünf Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen von Lebensmitteln. Das Gros wird dagegen durch die landwirtschaftliche Produktion der Lebensmittel bestimmt.
Verpackungen aus Karton, Papier und Kunststoffen machen Lebensmittel haltbar, lager- und transportfähig. Dies gilt gerade auch für Käse, der ohne Verpackung schnell austrocknen oder mit unerwünschten Mikroorganismen besiedelt würde. Zwar verfügen Weich-, Hart- und teilweise Schnittkäsesorten je nach Herstellungsart über eine natürliche Verpackung in Form von Rinde. Allerdings wäre es allein schon aus hygienischen Gründen nicht möglich, den Käse ohne zusätzliche künstliche Verpackung ins Regal zu legen. Käse, der in großen Laiben reift, muss zudem portioniert werden, wodurch die Rinde ohnehin geöffnet wird.
Da die Umweltwirkung der Produktion des Käses im Vergleich zur Produktion seiner Verpackung ungleich größer ist, hilft die Verpackung indirekt, die Umweltwirkung der Lebensmittel zu reduzieren. Jeder Tag, an dem das Lebensmittel aufgrund seiner Verpackung nicht verdirbt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es vor seinem Verderb konsumiert wird. Diese verhinderte Lebensmittelverschwendung überkompensiert die Umweltwirkungen der Verpackung um ein Vielfaches. Forschende kamen im Rahmen des Forschungsprojekts „Stop Waste – Save food“ im Jahr 2020 zu dem Schluss, dass „der Umweltnutzen von verhinderter Verschwendung normalerwiese 5- bis 10-mal größer ist als die Umweltkosten der Verpackung.“ Weiter heißt es in einer aus dem Projekt entstandenen Informationsbroschüre wörtlich: „Der Schutz des Produkts lohnt sich vor allem für Lebensmittel von ressourcenintensiver Produktion (z.B. Fleisch, Käse).“
„Gentechnikfreier“ Käse – eine Umweltbetrachtung
Der Begriff „gentechnikfrei“ meint die Nicht-Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Produktionsprozess und bezieht sich bei Käse vor allem auf zwei Sachverhalte: Erstens die gentechnikfreie Produktion der Milch, die ohne klassisch gentechnisch verändertes Futter für die Milchkühe auskommt, und zweitens den Verzicht auf gentechnisch veränderte Mikroorganismen zur Herstellung von Lab-Austauschstoffen. In den vorgelagerten Produktionsbereichen darf Gentechnik in Ausnahmefällen vorkommen. Dies betrifft beispielsweise zufällig und technisch unvermeidbares Vorhandensein von GVO in Futtermitteln (Schwellenwert 0,9 Prozent) oder Tierarzneimittel, die mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden dürfen.
Futter ohne Gentechnik
Im Fall des Futters geht es konkret darum, dass die gesamte österreichische Milchwirtschaft seit Inkrafttreten einer entsprechenden Branchenvereinbarung im Jahr 2010 auf die Verfütterung von GVO-Soja verzichtet. Zwar besteht ein wissenschaftlicher Konsens darüber, dass gentechnisch veränderte Pflanzensorten kein höheres Umwelt- oder Gesundheitsrisiko mit sich bringen, das auf die Nutzung der Technologie an sich zurückginge. Allerdings geht dem Sojaanbau in Südamerika, der fast vollständig auf GVO-Sorten beruht, häufig die Umwandlung von Natur- in Ackerflächen voraus, wodurch viel CO2 frei wird. Der Verzicht auf diese Importe wirkt sich demnach indirekt positiv auf das Klima aus.
Mehr zum Thema Gentechnik und Soja findest du hier, mehr zur Milchkuhfütterung hier.
Lab und Lab-Austauschstoffe
Tierisches Lab ist eine Mischung der Enzyme Chymosin und Pepsin, das aus dem Labmagen junger Wiederkäuer gewonnen werden kann, solange diese noch Milch trinken. Bei der Produktion von Labkäse dient vor allem das Chymosin des Labs dazu, die Milch gerinnen zu lassen, also vom flüssigen in den festen Zustand zu überführen. Tierisches Lab ist nur von geschlachteten Jungtieren, etwa Kälbern, zu gewinnen. Bei Käse, der mithilfe von tierischem Lab hergestellt wurde, handelt es sich daher nicht um ein vegetarisches Lebensmittel.
Alternativ zu Lab wird Käse daher, ebenso wie aus Kostengründen, auch mit Lab-Austauschstoffen hergestellt.
Standard ist heutzutage die Verwendung von mikrobiellem Lab. Dabei geht es um Chymosin, welches von speziell gezüchteten Mikroorganismen (Bakterien, Hefe- oder anderen Pilzen) in Fermentern produziert wird.
Seit den 1990er Jahren werden Mikroorganismen auch mithilfe gentechnischer Verfahren optimiert, um besonders reine Chymosin-Präparate herzustellen, die frei von Beimischungen anderer Enzyme sind. Solche Beimischungen können zu unerwünschten Geschmackseigenschaften führen; zu hohe Pepsin-Gehalte können etwa die Entstehung von Bitterstoffen begünstigen. Dies ist übrigens auch einer der Gründe, warum sich in Österreich geschlachtete Kälber nicht für die Labgewinnung eignen: Sie haben zum Zeitpunkt der Schlachtung bereits „zu viel“ Gras gefressen und Grasfütterung erhöht den Pepsinanteil des Labs.
Gesundheitlich ist die Verwendung von mikrobiellem Lab unbedenklich, sei es gentechnisch verändert oder nicht – zumal nicht die gentechnisch veränderten Mikroorganismen selbst in den Käse gelangen, sondern das von ihnen hergestellte Produkt Chymosin. Der Vorteil des mikrobiellen Labs beider Varianten liegt darin, dass es preiswerter herzustellen ist und für seine Produktion keine Kälber geschlachtet werden müssen. Zur Gewinnung von tierischem Lab, das hauptsächlich aus Ländern wie Neuseeland, Australien oder den USA kommt, werden Kälber im Alter von wenigen Tagen geschlachtet.
Generell muss die Verwendung von Lab oder Lab-Austauschstoffen in der EU nicht gekennzeichnet werden. Auch dann nicht, wenn es mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurde. Bei uns gibt es jedoch das sogenannte Österreichische Lebensmittelbuch - ein Kodex, der zwar keine Gesetze vorgibt, aber für Richtlinien zu Lebensmitteln und deren Produktion herangezogen wird. Beispielsweise beim AMA-Gütesiegel, in dessen Folge dort kein Lab verwendet darf, dass mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugt wurde.
Bei Bio-Produkten und Produkten mit dem „Ohne Gentechnik“-Label ist die Verwendung von GVO-Lab verboten. In Österreich erfolgt die Käseproduktion zur Gänze nach den „Ohne Gentechnik“-Richtlinien. Käse aus anderen EU-Staaten darf ohne Kennzeichnung mithilfe von GVO-Lab hergestellt sein.